Das Bundesinnenministerium und die jüdischen DPs im Lager Föhrenwald * Von Frieder Günther * Februar 2016 Die westdeutsche Gesellschaft wurde seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn der 1960er Jahre maßgeblich von Millionen von Flüchtlingen geprägt. Freigelassene Kriegsgefangene, Vertriebene aus den Ostgebieten sowie Flüchtlinge aus der SBZ und der DDR drückten für viele Jahre dem Alltag in den Großstädten und auf dem Lande ihren Stempel auf. Von den Einheimischen wurde erwartet, sich für die Fremden ein Stück weit einzuschränken, obwohl sie selbst zunächst in einer Mangelgesellschaft lebten; zugleich wurden sie mit ganz neuen Einflüssen konfrontiert, mit anderen Lebensgewohnheiten, Umgangsformen und fremden Dialekten, die man oft nur schwer verstand. Auch wurde das bis dahin bestehende, relativ homogene konfessionelle Gefüge des Landes innerhalb kurzer Zeit von Grund auf durchmischt. Insofern trafen die Flüchtlinge nicht nur auf Hilfsbereitschaft und Zustimmung, sondern an vielen Orten überwogen Ressentiments und Ablehnung. Fühlten die Einheimischen doch das seit langem Vertraute, das ihnen in dieser „Zeit der Außer-Ordentlichkeit“ (Martin Broszat) besonderen Halt und Schutz bieten sollte, in Frage gestellt...