Städte

Stau

Dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung werden vor allem Stimmen lauter, die einen grundlegenden Perspektivwechsel in der Geschichtsschreibung fordern: Erfahrungen und Perspektiven von People of Color, Jüdinnen und Juden sowie Geflüchteten sollten stärker in die Betrachtung der „Wiedervereinigung“ und der anschließenden Transformationsprozesse einbezogen werden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der 2020 erschienene Herausgeber*innenband Erinnern stören von Lydia Lierke und Massimo Perinelli.[1]

Der Potsdamer Platz zwischen Brache und „Weltstadtplatz“

„Er ist gar kein echter Platz und scheußlich obendrein“, hieß es in einer Ausgabe der Zeitschrift „Spiegel Geschichte“ über den Potsdamer Platz im Jahr 2008.[1] Ob man dieser Aussage zustimmen oder ihr widersprechen möchte, ist letztendlich unerheblich, denn unbestritten ist die wechselhafte historische Bedeutung des Platzes, in der sich die (Zeit-)Geschichte Berlins spiegelt.

 


Vor den Toren der Stadt

Kein „Volksbau“

Die Diskussionen um das Berliner Schloss reißen nicht ab: Es sei unauthentisch, protzig, verherrliche die wilhelminische Monarchie und den Militarismus. Initiativen fordern Wiedergutmachung der kolonialen Verbrechen des Kaiserreichs und die Rückgabe geraubter Kulturgüter. Zuletzt warb die Historikerin Hedwig Richter in die tageszeitung um mehr Gelassenheit mit dem umstrittenen Bau (Auf zum Schloss!, taz vom 15.8.2020). Doch ist Gelassenheit angebracht?

Mikroben in Ruinen

In den zerstörten deutschen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg erkrankten zehntausende Menschen an Diphterie, Typhus, Ruhr, Tuberkulose und – nicht zu vergessen – Syphilis und Gonorrhö. Die Zahlen der registrierten Erkrankungen waren um ein Vielfaches höher als die aktuellen Zahlen der Corona-Patient*innen.

 

Learning from Africa

Das Zeitalter des Kolonialismus liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zurück, und noch immer sind „westliche Gesellschaften“ gegenüber den ehemaligen Kolonien nicht frei von Missionierung und Überheblichkeit. Im Zuge der Jahrhunderte andauernden Kolonialpolitik wurden religiöse politische und sprachliche Argumente bemüht, um die europäische Herrschaft über große Teile der Welt zu rechtfertigen.

Wenn die Vergangenheit zur Ressource wird

Mit der Öffnung des Eisernen Vorhangs brachen 1989/1990 die staatssozialistischen Systeme in Ostmitteleuropa zusammen. Durch den Kalten Krieg gezeichnete Städte wie Breslau und Berlin blicken heute auf eine fast 30 Jahre währende Transformationsphase zurück. Und in beiden Städten ist das Bedürfnis nach Aneignung der eigenen Geschichte besonders zu spüren.

Dnipro oder Dnjepr?

Die moderne westliche Welt bekennt sich bewusst zu Toleranz, zur Achtung lokaler Stimmen, zur Demonstration der Ideale der Gleichheit, auch auf sprachlicher Ebene. Wichtige Elemente dieses Prozesses sind das konsequente ‘Gendering‘, die Betonung der Tatsache, dass der gewählte Begriff die Gruppenidentität nicht verletzt und keine koloniale Optik reproduziert. Wie sieht die deutsche Terminologie in diesem Zusammenhang in Bezug auf die Länder Osteuropas aus?