Auf der Hitlerwelle von Marx zu ISIS * Von René Schlott und Mirko Winkelmann * Januar 2016 Auf dem Kamm der neuen Hitler-Welle, die derzeit durch das Land und die Medien rollt, am selben Tag, an dem das Institut für Zeitgeschichte die kommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ vorstellt, gastiert die Theatergruppe Rimini-Protokoll mit ihrer neuen Produktion am HAU HAU Hebbel am Ufer Berlin. Ein Fernseher mit Bildern des Eichmann-Prozesses, ein künstliches Weihnachtsbäumchen, unter dem noch verpackte Geschenke liegen, ein Mülleimer, meterhohe Regalwände und ein Brief, der bei der deutschen Forschungsstation in der Antarktis nachfragt, ob „Mein Kampf“ in deren Bibliothek vorhanden sei. So beginnt die Inszenierung mit dem Titel „Adolf Hitler: Mein Kampf, Band 1 & 2“, die die Regie- und Theatergruppe Rimini Protokoll zuerst im September 2015 in Weimar auf die Bühne brachte und die just am Tag der vielbeachteten Veröffentlichung der kommentierten Edition des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) am ausverkauften Berliner HAU zu sehen war. Die Idee, das 800-Seiten Werk als Theaterstück aufzuführen, entstand vor drei Jahren. Anlass war das absehbare Ende der urheberrechtlichen Schutzfrist von Hitlers „Mein Kampf“ zum 1. Januar 2016. Bis dato unterband die bayerische Landesregierung eine Publikation dieses Werkes in Deutschland, das bis 1945 knapp 12,5 Millionen Mal gedruckt worden war. Die Frage nach dem richtigen Umgang mit dieser wichtigen programmatischen Schrift des Nationalsozialismus und mit ihrem Verfasser wurde hierdurch freilich nicht geklärt. Sie bot seither regelmäßig Anlass zu heftigen Debatten, in denen nicht zuletzt auch die Haltung der deutschen Gesellschaft zur nationalsozialistischen Vergangenheit verhandelt wurde.