Politik

Alle Beiträge zum Schlagwort

Christian Mentel

Über die Notwendigkeit der Selbstreflexion

Eine Anmerkung zum Stand der Behördenforschung

Eine Anmerkung zum Stand der Behördenforschung * Von Christian Mentel * Januar 2017 Über die Notwendigkeit der Selbstreflexion: Eine Anmerkung zum Stand der Behördenforschung von *Christian Mentel*Es spricht einiges dafür, dass das vergangene Jahr 2016 einmal als ähnlich einschneidend bewertet werden wird wie das Jahr 2005. Vor nunmehr fast zwölf Jahren berief das Auswärtige Amt als erstes Bundesministerium eine Historikerkommission. Sie sollte nicht nur untersuchen, welche Rolle das Haus in der NS-Zeit spielte, sondern auch, wie in der Nachkriegszeit mit dieser Vergangenheit umgegangen wurde. Seitdem haben an die zwanzig weitere Behörden auf Bundesebene mit vielen Millionen Euro ähnliche Forschungs- und Publikationsprojekte finanziert und auch in den Ländern und Kommunen orientiert man sich zunehmend an diesem Aufarbeitungstrend. (...)

Ariane Leendertz

US-Außenminister John Kerry und der Krieg: Essay über biographische Kontinuität und amerikanische Politik

Teil III: Präsidentschaftskandidat und Chefdiplomat der USA 2002 - 2017

Teil III: Präsidentschaftskandidat und Chefdiplomat der USA 2002 - 2017 * Von Ariane Leendertz * Januar 2017 Mit dem Amtswechsel von Barack Obama zu Donald Trump endete im Januar 2017 auch John Kerrys vierjähriges Wirken als US-Außenminister. In den kommenden Jahren plant er, ein Buch zu schreiben und weiterhin politisch aktiv zu bleiben. Er werde die durch das Amt erzwungene Zurückhaltung aufgeben und sich in die politische Debatte in den USA einmischen, nachdem er sogar kurzzeitig erwogen hatte, noch selbst in das Rennen um die Präsidentschaft einzusteigen.
Ilko-Sascha Kowalczuk

Einmal Stasi – immer Stasi?

Der „Fall Andrej Holm“ und der gesellschaftliche Umgang mit der jüngsten Vergangenheit

Der „Fall Andrej Holm“ und der gesellschaftliche Umgang mit der jüngsten Vergangenheit * Von Ilko-Sascha Kowalczuk * Januar 2017 Wieder einmal entzweit eine geschichtspolitische Kontroverse die Gesellschaft. Es geht darum, ob Vergangenheit vergehen muss, nie vergeht oder nie vergehen darf, also darum, wie wir Vergangenheit erinnern – der Zukunft zuliebe...

Dorothee Wierling

Besitzen und Benutzen, Geben und Nehmen

Die Dinge in der Alltagsgeschichte*

Die Dinge in der Alltagsgeschichte * Von Dorothee Wierling * Dezember 2016 Meiner Ansicht nach gibt es nichts Soziales in den Dingen. Alles, was wir meinen können, wenn wir über „the social life of things“ sprechen, ist das, was wir durch unser (soziales) Handeln den Dingen an Bedeutung zufügen. Außerhalb unserer Interaktion existiert nichts Soziales, weswegen es mir angemessener erscheint, über das Soziale an den Dingen zu sprechen, indem wir untersuchen, wie die Dinge in den Dienst des Sozialen gestellt werden.

Hanno Hochmuth

Der Anti-Knopp

Martin Gressmanns Dokumentarfilm „Das Gelände“

Martin Gressmanns Dokumentarfilm „Das Gelände“ * Von Hanno Hochmuth * November 2016 „Meine Großmutter erzählte mir einmal, dass es in der Nazizeit in Berlin eine bestimmte Straße gegeben hätte, durch die man einfach nicht durchging, die man nicht betrat.“ Wie ein dunkles Märchen beginnt der Film, den Martin Gressmann über das Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße in Berlin gedreht hat. Hier befand sich seit 1933 die Zentrale der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. In den Hauptquartieren der Gestapo, der SS und des SD, die 1939 zum Reichssicherheitshauptamt zusammengefasst wurden, wurden tausende Menschen verhört und gefoltert; hier wurde der Massenmord an den europäischen Juden organisiert. Nach 1945 fiel der stark kriegsbeschädigte Ort dem Vergessen anheim.

Henrik Bispinck

Zeitzeugenschaft zwischen politischer Unbedarftheit und Instrumentalisierung

Die Geschichte des Mario Röllig im Kino

Die Geschichte des Mario Röllig im Kino * Von Henrik Bispinck * November 2016 Wer sich mit der Aufarbeitung der Geschichte der DDR befasst hat, für den ist Mario Röllig mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Unbekannter. Er hat an zahlreichen TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen als Zeitzeuge mitgewirkt, er führt Besuchergruppen durch die Gedenkstätte in der ehemaligen Stasi-Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen, tritt vor Schulklassen auf, sogar ein dokumentarisches Theaterstück gibt es über ihn. Dass Röllig als Zeitzeuge so präsent ist, hängt wohl auch damit zusammen, dass seine Geschichte auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Opfern der DDR-Diktatur, die öffentlich auftreten, ist er weder Bürgerrechtler, noch Intellektueller, er ist weder Kirchenmann noch Künstler.

Jakob Saß

Geträumte Räume, geräumte Träume

Warum das Trauma von der Räumung der Mainzer Straße bis heute eine Aufarbeitung erschwert

Warum das Trauma von der Räumung der Mainzer Straße Ende 1990 bis heute eine Aufarbeitung erschwert * Von Jakob Saß * November 2016 Eigene Schuld einzugestehen, ist schwer, noch dazu öffentlich. Am 12. November 1990, inmitten der Umbruchszeit der Wiedervereinigung, begann der Straßenkampf um die besetzen Häuser in der Mainzer Straße in Berlin-Friedrichshain. Zwei Tage später, am 14. November eskalierte die Räumung, dabei standen sich etwa 3.000 Polizeibeamte und 500 Hausbesetzer gegenüber – es kam zu einem massiven und brutalen Polizeieinsatz, der nicht nur das Ende des „kurzen Sommers der Anarchie“[1] einleitete, sondern auch die Auflösung des rot-grünen Senats.

René Schlott

The Day after in Washington

Eine Woche Konferenz- und Archivreise in den USA

Eine Woche Konferenz- und Archivreise in den USA * Von René Schlott * November 2016 Die US-amerikanische Hauptstadt erwacht an einem grauen, regnerischen Novembermorgen. Hinter ihr liegt eine lange, dramatische Wahlnacht, die gut 12 Stunden zuvor begann. Als CNN-Anchorman Wolf Blitzer am frühen Abend zu den Wahlpartys beider Kandidaten nach New York City schaltet, spricht der Beobachter der Trump-Party unter Verweis auf einen Berater im Trump-Lager davon, dass ein Wunder geschehen müsse, um diese Wahl zu gewinnen. Alles rechnet mit einem Clinton-Sieg...

Christoph Classen

Letzte Dinge im Ersten

"Terror" von Ferdinand von Schirach

"Terror" von Ferdinand von Schirach * Von Christoph Classen * November 2016 Knapp 6,9 Millionen Zuschauer haben „Terror“ allein in Deutschland gesehen, zeitgleich wurde die Produktion in Österreich und in der Schweiz ausgestrahlt. Anschließend konnten die Zuschauer telefonisch oder online über das Ende des Films abstimmen, und in allen drei Ländern schlossen sich Talk-Runden zum Thema an.

Bodo Mrozek

Die Erfindung des Biodeutschen

Von der Ernährung zur Eugenik: Eine Tagung schöpft aus den trüben Quellen von Feminismus und Veganertum

Die Erfindung des Biodeutschen * Von Bodo Mrozek * November 2016 Als Erich Mühsam den Monte Verità bei Locarno erklomm, kam ihm „recht lächerlich“ vor, was er auf dem Berggipfel erblickte: Menschen mit langen Haaren und wallenden Bärten bar jeglicher Textilien bei der Feldarbeit. Den kommunistischen Schriftsteller Erich Weinert inspirierte die Szene wenig später zu einigen respektlosen Versen: „Wer sich von innen her beschaut / und Nietzsche liest, und Rüben kaut / was kümmern den die andern? / Juchu! Wir müssen wandern!“. Weinerts „Gesang der Edellatscher“ und Mühsams Spott, den der Essener Historiker Jürgen Reulecke auf einer Tagung über „Avantgarden der Biopolitik“ im Archiv der Jugendbewegung zitierte, scheinen einen maximalen Abstand zwischen der im Mythischen irrlichternden Lebensreform und der politischen Linken zu illustrieren. Doch der Schein trügt.