Regionales

Ein neuer Blick auf die Städte der Welt

Ein neuer Blick auf die Städte der Welt * von Christoph Plath * am 6. Februar 2017 Zu Beginn des 21. Jahrhunderts lebt erstmals in der Geschichte die Mehrheit der Menschheit in Städten. Nach Angaben der Vereinten Nationen lag der Anteil städtischer Bevölkerung im Jahr 2014 weltweit bei 54 % und auch künftig wird die globale Urbanisierung rasch voranschreiten.[1] Bereits im Jahre 2050 werden voraussichtlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Dies bedeutet, dass sich die Verteilung zwischen Land- und Stadtbevölkerung in nur einem Jahrhundert verkehrt haben wird. Urbane Zentren bilden somit nicht nur einen bedeutsamen Faktor bei der Bewältigung umwelt- oder energiepolitischer Herausforderungen, sie nehmen zudem eine herausragende Stellung in einer zunehmend verflochtenen und vernetzten Welt ein.[2] Städte wirken einerseits als Motor der Globalisierung, werden aber andererseits zugleich hochgradig von dieser beeinflusst.

„Wer hier weint, hört nicht mehr auf“

Zum Umgang mit der Wannsee-Konferenz und ihrem historischen Ort * Von Gerd Kühling und Hans-Christian Jasch * Januar 2017 In einer repräsentativen Villa, idyllisch gelegen am Berliner Wannsee, kamen am 20. Januar 1942 fünfzehn hochrangige Vertreter der SS, der NSDAP und mehrerer Reichsministerien zu einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück“ zusammen. Der einzige Tagesordnungspunkt war die „Endlösung der Judenfrage“. Es war ein koordinierendes Treffen, denn der Massenmord an den Juden in Osteuropa hatte längst begonnen.

„Belgium is a beautiful city“* und andere Verzerrungen beim Blick auf Belgien

* Von Claudia Kemper * Dezember 2016 Wenn der nunmehr designierte US-Präsident Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung Belgien von Brüssel nicht zu unterscheiden weiß und insgesamt ein eher schwaches geographisches Grundwissen zu erkennen gibt, können Europäer resigniert bis gelassen reagieren. Lausige Geographiekenntnisse gehören zu den eher kleineren Problemen dieser neuen Präsidentschaft. Dennoch passt es in das Gesamtbild, wenn ausgerechnet Belgien zum Opfer solcher Marginalisierungen wird, die auch auf dem europäischen Kontinent verbreitet sind. Die Frankfurter Buchmesse 2016 zum Beispiel warb für ihren Ehrengast „Flandern und die Niederlande“ mit dem Slogan „Dies ist, was wir teilen“ und begründete in einer Pressemitteilung, auf Grenzüberwindungen und Gemeinsamkeiten zu schauen, denn keine „Nation“ sei zu Gast, „sondern ein Sprach- und Kulturraum“. Also Flandern statt Belgien, womit sich einige geschichtspolitische und erinnerungskulturelle Fragen auftun, die über die Buchmesse hinausreichen.

Die Erfindung des Biodeutschen

Die Erfindung des Biodeutschen * Von Bodo Mrozek * November 2016 Als Erich Mühsam den Monte Verità bei Locarno erklomm, kam ihm „recht lächerlich“ vor, was er auf dem Berggipfel erblickte: Menschen mit langen Haaren und wallenden Bärten bar jeglicher Textilien bei der Feldarbeit. Den kommunistischen Schriftsteller Erich Weinert inspirierte die Szene wenig später zu einigen respektlosen Versen: „Wer sich von innen her beschaut / und Nietzsche liest, und Rüben kaut / was kümmern den die andern? / Juchu! Wir müssen wandern!“. Weinerts „Gesang der Edellatscher“ und Mühsams Spott, den der Essener Historiker Jürgen Reulecke auf einer Tagung über „Avantgarden der Biopolitik“ im Archiv der Jugendbewegung zitierte, scheinen einen maximalen Abstand zwischen der im Mythischen irrlichternden Lebensreform und der politischen Linken zu illustrieren. Doch der Schein trügt.

Aus aktuellem Anlass:

Fundamentalopposition: Die ambivalente Anlehnung der AfD an „68“ * Von von David Bebnowski * September 2016 Tatsächlich bezieht die AfD politstrategische Inspiration von Theorien aus dem Ideenreservoir linker Politik, indem sie diese für sich umwertet. Möchte man die rechtspopulistische Partei in der Debatte stellen, so lohnt ein Blick auf dieses thematisierungsbedürftige und bislang nur wenig verstandene Phänomen.

Die Angst des Philosophen vor der Grenzenlosigkeit

Globalgeschichte, Herr Sloterdijk und die AFD * Von Martina Winkler * Mai 2016 Im Zuge der aktuellen sogenannten Flüchtlingskrise erfährt die Grenze eine bemerkenswerte Image-Aufwertung. Lange waren öffentliche Diskurse über Europa von einem Trend zu „weniger Grenze“ geprägt. Unterstützt wurde diese scheinbare Einmütigkeit durch Bilder von der Öffnung der Grenzen zwischen Österreich und Ungarn 1989. Den Fotografien, auf denen die Außenminister Gyula Horn und Alois Mock gemeinsam einen Stacheldraht zerschneiden, wurde ikonische Bedeutung zuerkannt. In Fotoprojekten wurden Grenzhäuschen als Relikte einer längst vergangenen Zeit dokumentiert. Und natürlich spielte das Ideal der Grenzfreiheit im Rahmen der Konstruktion Europas nicht nur als Wirtschafts- sondern vor allem auch Wertegemeinschaft eine zentrale Rolle.

Europa an der Grenze

Zeithistorische Anmerkungen zur „Flüchtlingskrise“ * Von Annette Schuhmann, Christoph Plath * Dezember 2016 Zu den Zielen des Fachportals Zeitgeschichte-online gehört nicht zuletzt die Beobachtung der Gegenwart. Allerdings, und das unterscheidet das Portal vom Auftrag der sogenannten Leitmedien, beobachten wir aktuelle Ereignisse, Konflikte und Debatten aus der Perspektive der zeithistorischen Forschung. Das Thema, das derzeit alle europäischen Gesellschaften am heftigsten umtreibt, sind die Migrationsbewegungen aus den Krisenländern der Welt. [...] Zwar verspricht eine Erweiterung der aktuellen Diskurse um die Perspektiven der zeithistorischen Forschung keine Lösung des Problems. Eine sachlichere und ehrlichere Analyse der Krisenhintergründe, der Verzicht auf Ost-/West- Stereotype und eine Debatte, die den historischen Verlauf nicht mehr unterschlägt, sollte jedoch möglich sein. Um den Rahmen der Diskussionen zu erweitern, haben wir einen Themenschwerpunkt initiiert, der mit Beiträgen von Historiker/innen beginnt, die sich mit dem Phänomen der Fremdenfeindlichkeit und ihrer Geschichte in Osteuropa, in der ehemaligen DDR und dem heutigen Tschechien auseinandersetzen. Der Themenschwerpunkt wird sukzessive erweitert, denn die Krise hat gerade erst begonnen…