vor 1900

Einleitung

Ursprünglich anlässlich der Eröffnung des Humboldt-Forums geplant, fiel die Konzeption dieses Themenschwerpunkts in ein Jahr, das, bereits während es noch stattfand, zum einschneidenden Epochenjahr, ja zur historischen Zäsur erklärt wurde.

Restitution und Postkolonialismus

Wie so viele Veranstaltungen des letzten Jahres, wurde auch die Eröffnung des Humboldt-Forums im neuen Berliner Schloss Ende 2020 digital gefeiert, ohne dass dabei inmitten des zweiten deutschen 'Lockdowns' von einer Eröffnung im eigentlichen Sinn die Rede hätte sein können. Wie und wann Besucher:innen die umstrittenen Ausstellungsstücke des großangelegten Prestigeprojekts im Herzen der Hauptstadt tatsächlich werden sehen können, ist derzeit noch ungewiss.

Decolonizing Peterloo

Eine Mutter mit Kind. Den Blick gesenkt, hat sie ihre Aufmerksamkeit in diesem Moment ganz auf den kleinen Sohn gerichtet. Fest hält sie ihn im Arm, so als befürchte sie, dass ihr jemand ihr Ein und Alles nehmen könnte. Um sie herum verschwimmt die Welt in Dunkelheit. Es ist eine Szene voller Trauer und Hoffnung zugleich, ein würdevoller Augenblick, der in seiner Intimität fast spirituell anmutet – und das überlebensgroß.

Ping Pong in der Mitte Berlins

Zur Bonn-Nostalgie Westdeutschlands gehörte die Anhänglichkeit an das Provisorium der Nachkriegszeit, verbunden mit der Absage an staatliche Symbole und internationale politische Verantwortung. Nach dem Umzug nach Berlin kam die Prussifizierung der deutschen Nation. Sie fand ihr Sinnbild in der Rekonstruktion des Schlosses in der Hauptstadt. Von 2013 bis 2020 konnten sich die Berliner allmählich auf die neue Kulisse einstellen. Zuvor, von 2006-2008 konnte man sich vom Palast der Republik verabschieden.

Kein „Volksbau“

Die Diskussionen um das Berliner Schloss reißen nicht ab: Es sei unauthentisch, protzig, verherrliche die wilhelminische Monarchie und den Militarismus. Initiativen fordern Wiedergutmachung der kolonialen Verbrechen des Kaiserreichs und die Rückgabe geraubter Kulturgüter. Zuletzt warb die Historikerin Hedwig Richter in die tageszeitung um mehr Gelassenheit mit dem umstrittenen Bau (Auf zum Schloss!, taz vom 15.8.2020). Doch ist Gelassenheit angebracht?

Schriftliche Quellen und der audiovisuelle Zugang zu ihnen

Schriftliche Unterlagen wie administrative Briefwechsel, Protokolle und andere Dokumente amtlicher Vorgänge sind eine der klassischen Grundlagen der Geschichtsschreibung. Sie sind Spuren vergangener Handlungen, die als Schriftstück in Archiven gesammelt und überliefert werden. In einem institutionalisierten und formalisierten Transformationsprozess werden aus Ereignissen, die an einen flüchtigen Zeitpunkt und handelnde Subjekte gebunden sind, speicherbare Objekte, die Zeit unverändert überdauern.

„Erinnerst Du Dich, Vater Toussaint?“

Nicht nur feiert die Berlinale in diesem Jahr 70-jähriges Bestehen, auch die Sektion Internationales Forum des Jungen Films findet zum 50. Mal statt. Die neue Festivalleitung nahm dies zum Anlass, Filme, die im Gründungsjahr 1971 liefen, wiederaufzuführen, und so Forum und Forum Expanded um das einmalige Forum 50 zu erweitern. Viele dieser Filme setzen sich auf verschiedene Weise mit der postkolonialen Weltlage auseinander und sind auch 2020 äußerst sehenswert.