Fotografie

Kunst am Bau oder architekturbezogene Kunst? Wie auch immer, jedenfalls ein übersehenes Phänomen

Eigentlich sind sie nicht zu übersehen, die Wandbilder, Wandmosaike, Skulpturen und Reliefs, egal ob wir den Stadtraum im Osten oder im Westen der Republik durchwandern. Und doch übersehen die meisten Stadtspaziergänger*innen in der Eile diese Kunstwerke, die kennzeichnend sind für die architektonischen Nachkriegsmodernen in der Bundesrepublik und der DDR, ja in ganz Europa.

Ausgeforscht?

Die Öffnung der Partei- und Staatsarchive der ehemaligen DDR war ein für die Geschichtswissenschaften einmaliger, gleichsam (archiv-)revolutionärer Vorgang.

Fotos für die Freiheit

Ein Mensch ohne eigene Erfahrung in Diktaturen, Kriegen und Krisen denkt bei "Befreiung" zuerst in fremden Bildern, in Medienbildern und Momenten, die er oder sie nicht selbst erlebt hat. Es ist mehr als eine individuelle Erfahrungslücke. Der Soziologe Niklas Luhmann schreibt: ,,Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien."[1]

#75liberation

Dieses Jahr läuft vieles ganz anders als geplant: Wegen der Corona-Pandemie dürfen bis mindestens zum Ende des Sommers keine Großveranstaltungen stattfinden. Diese Einschränkung traf auch viele Gedenkfeierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Befreiung nationalsozialistischer Konzentrationslager durch die Alliierten. Innerhalb von wenigen Wochen musste ein Alternativprogramm geschaffen werden. Es erfolgte eine digitale Übersetzung der Gedenkfeiern in den virtuellen Raum, um trotzdem ein würdiges Gedenken an Opfer und Befreier möglich zu machen.

 

Der Eigensinn der Überlebenden

Im Archiv der Gedenkstätte Buchenwald findet sich ein Bild von vier jungen Männern, die den Fotografen und damit uns direkt anschauen. Die Oberkörper, auch die Beine sind bei zwei Männern unbedeckt und lassen einen Zustand der starken Abmagerung erkennen. Zwei der Männer stehen, einer sitzt aufrecht auf einem Stuhl oder einer Kiste, wobei ihm ein gestreiftes Kleidungsstück als Unterlage dient. Der vierte sitzt vor einem der stehenden Männer auf dem Boden.

Das mediale Erbe der DDR

Unsere Vorstellungen von der DDR wurden in den letzten 30 Jahren in starkem Maße durch Medien geprägt. Zeitungen, Fernsehen oder Internet formten ebenso wie private Fotos, Schmalfilme und Musik die Erinnerung und Wissensbestände, die wir über die zweite deutsche Diktatur, den dortigen Alltag und das spätere Nachleben haben. Angesichts von „Super-Illu“, MDR oder Ostrock erscheint dies beinahe trivial und selbstverständlich. Doch schaut man näher hin, erweist es sich alles andere als einfach, den Medieneinfluss in der Vereinigungsgesellschaft präzise zu bestimmen.