Eike Wittrock

Stern.Zeichen

Schwules Theater, Travestie und queere Historiografie

Zwischen Weihnachten und Neujahr 1982 und 1983 fand im Frankfurter Theater am Turm (TAT) jeweils das Festival Stern.Zeichen statt, das im Untertitel „Homosexualität im Theater“ hieß. Zu den großen Entdeckungen der ersten Ausgabe zählte Georgette Dee, jene androgyne Künstler*in, die seit den frühen 1980er Jahren in ihren Bühnenauftritten unterschiedlichste Facetten von Geschlechtlichkeit aufführt, die sich nicht in einer einzelnen Identitätskategorie auflösen lassen. Für die zweite Ausgabe 1983 wurde Georgette Dee eingeladen, eine Weihnachts-Gala zu moderieren (und zu organisieren).

Steff Kunz, Karen Nolte

Lesbische* Frauen* in einer westdeutschen Psychiatrie in den ersten Nachkriegsjahren

In einer explorativen Stichprobenuntersuchung der Krankenakten der Heidelberger Psychiatrischen Klinik haben wir in einem Kooperationsprojekt der Universitäten Heidelberg und Freiburg[1] rund 700 Patient*innenakten aus den Jahren 1946, 1948, 1951 und 1952 gründlich durchgelesen, denn nur so lassen sich Andeutungen, Umschreibungen und auch explizites Verhalten jenseits der Heteronormativität erfassen.

Helena Holzberger

Vermeintliche Völkerfreundschaft

Fotografie und Hierarchie sowjetischer Nationen in der Zwischenkriegszeit

Russlands Krieg gegen die Ukraine enthüllte nicht nur den imperialen Großmachtanspruch herrschender Eliten in Russland, sondern auch ein generelles kulturelles Überlegenheitsgefühl gegenüber Ukrainer:innen. Darüber hinaus beklagen immer wieder Stimmen aus Kasachstan, Georgien und Usbekistan den kolonialistischen Habitus einiger geflüchteter Russ:innen. Diese Einstellungen haben ihre Wurzeln im russländischen Imperium, denn die Revolution und Gründung der Sowjetunion brachen nur bedingt mit dem imperialen Erbe des Zarenreiches.

Andreas Kötzing

Fremde und eigene Blicke

Filme ausländischer Studierender in der DDR auf der Berlinale

Die ostdeutsche Filmgeschichte ist gut erforscht. Aber auch in der DEFA-Geschichte und den anderen filmischen Bereichen der DDR gibt es nach wie vor Lücken, vor allem was die internationalen Verflechtungen angeht. Dass es an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" (HFF) in Babelsberg zum Beispiel eine Vielzahl von ausländischen Filmstudierenden gab, ist heute wenig bekannt.

Tom Koltermann

Eine für uns?

Die SuperIllu als Begleitmedium der Transformation

Über eine mangelnde Auswahl in der Presselandschaft konnten sich medienaffine DDR-Bürger*innen im August 1990 wahrlich nicht beklagen. Allein rund 350 Pressetitel aus bundesrepublikanischen Verlagshäusern fanden sich zu diesem Zeitpunkt an den Verkaufsstellen im Land.[1] Schon lange vor der politischen Vereinigung der beiden deutschen Staaten hatte der Kampf um den neuen Medienmarkt begonnen.

Franka Maubach

Einserjahre

Wie »Preußen« in der Nachkriegszeit wieder populär wurde

Ende der 1970er Jahre tauchte »Preußen« in beiden deutschen Staaten wieder auf. Die »Preußenrenaissance« wurde bislang vor allem als geschichtspolitisches und intellektuellengeschichtliches Phänomen betrachtet. Preußen wurde aber auch, das zeigt der Blick auf die formative Phase der Preußenkonjunktur um 1980, in breiten Bevölkerungsschichten populär. Der nach 1989/90 betriebene Versuch indes, Preußen zur Traditionsstiftung für das vereinigte Deutschland zu nutzen, scheiterte auf lange Sicht.

Tilmann Siebeneichner

Raketen(alp)träume

Merle Krögers „Die Experten“ - Eine Rezension

Nur ein Jahr nach seinem preisgekrönten literarischen Debüt legte der britische Journalist Frederick Forsyth 1973 einen weiteren Roman vor. Vordergründig ging es darin um einen Hamburger Journalisten namens Peter Miller, der den Mörder seines Vaters, einen untergetauchten Nazi-Kriegsverbrecher, zu stellen versucht.

Franziska Davies

Alte und neue Abgründe

Wojciech Smarzowskis Film „Die Hochzeit“ verbindet die polnische Gegenwart mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs

Als im Herbst 2021 der neue Film von Wojciech Smarzowski „Die Hochzeit“ in die polnischen Kinos kam, veröffentlichte die PiS-nahe Gazeta Polska eine Rezension mit dem Titel „Smarzowski stachelt zum Hass“ auf. Sein Film, so einer der Vorwürfe, würde „Antisemitismus, Rassismus und Mord“ gleichsetzten mit dem Engagement für den „Schutz des Lebens“. Eine solche „plumpe Propaganda“ habe es bisher im polnischen Kino noch nicht gegeben. Der Verfasser der Rezension war sich dabei nicht zu schade, den Film in eine Reihe zu stellen mit den antisemitischen Filmen der Nationalsozialisten.

Thuc Linh Nguyen Vu

Too Close to Home

How Minority Communities Broaden the Scope of Care and Help

As much as war is about armed military conflict, it is also fundamentally about mass displacement, broken lives, and lost futures. This simple truth has become way too obvious in large parts of Poland, where providing food, clothes and shelter to strangers, and collecting donations to help refugees from neighboring Ukraine have become common practices among “ordinary” people.

Annette Schuhmann

Wissenschaft heißt, Unsicherheit erzeugen, nicht Bekanntes zu reproduzieren…

Ein Interview mit Andreas Fickers, Direktor des Centre for Contemporary and Digital History (C2DH) in Luxemburg

Seit 2016 ist Andreas Fickers Direktor des Luxemburg Centre for Contemporary and Digital History (C2DH) an dessen Konzeption, Aufbau und Organisation er maßgeblich beteiligt war.