En Marche pour l’Europe?

Wahlbeobachtungen in Paris * Von Lia Börsch * Mai 2017 Im Wahljahr 2017, vor dem Hintergrund des Brexit, des neuen US-Präsidenten und einem grassierenden Rechtspopulismus, sind die französischen Präsidentschaftswahlen als ein Testfall für nicht weniger als den Erhalt der französischen Demokratie und das Überleben der EU als Ganzes bezeichnet worden. Frankreich wird derzeit als ein zutiefst fragmentiertes Land beschrieben, welches das Vertrauen in die politische Klasse verloren habe.

zurück

Grzimeks Afrika

*Von Felix Schürmann* März 2017 Bernhard Grzimeks historisches Gwicht in Afrika ist keineswegs unumstritten. Grzimek, der einer der bedeutendsten Tierfilmer und Verhaltensforscher Westdeutschlands war, gerierte sich durch seine Selbstinszenierung als der Retter der afrikanischen Tierwelt, auf der anderen Seite wird diese Einhegung von Naturschutzgebieten als "Festungsnaturschutz" und damit als kalte Enteignung indigener Gemeinschaften kritisiert. Felix Schürmann über einen Tierschützer, der der wie kein zweiter seiner Generation Medien und Öffentlichkeit für seine Ziele zu mobilisieren wusste.

zurück

Der Anti-Knopp

Martin Gressmanns Dokumentarfilm „Das Gelände“ * Von Hanno Hochmuth * November 2016 „Meine Großmutter erzählte mir einmal, dass es in der Nazizeit in Berlin eine bestimmte Straße gegeben hätte, durch die man einfach nicht durchging, die man nicht betrat.“ Wie ein dunkles Märchen beginnt der Film, den Martin Gressmann über das Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße in Berlin gedreht hat. Hier befand sich seit 1933 die Zentrale der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. In den Hauptquartieren der Gestapo, der SS und des SD, die 1939 zum Reichssicherheitshauptamt zusammengefasst wurden, wurden tausende Menschen verhört und gefoltert; hier wurde der Massenmord an den europäischen Juden organisiert. Nach 1945 fiel der stark kriegsbeschädigte Ort dem Vergessen anheim.

zurück

The Day after in Washington

Eine Woche Konferenz- und Archivreise in den USA * Von René Schlott * November 2016 Die US-amerikanische Hauptstadt erwacht an einem grauen, regnerischen Novembermorgen. Hinter ihr liegt eine lange, dramatische Wahlnacht, die gut 12 Stunden zuvor begann. Als CNN-Anchorman Wolf Blitzer am frühen Abend zu den Wahlpartys beider Kandidaten nach New York City schaltet, spricht der Beobachter der Trump-Party unter Verweis auf einen Berater im Trump-Lager davon, dass ein Wunder geschehen müsse, um diese Wahl zu gewinnen. Alles rechnet mit einem Clinton-Sieg...

zurück

Letzte Dinge im Ersten

"Terror" von Ferdinand von Schirach * Von Christoph Classen * November 2016 Knapp 6,9 Millionen Zuschauer haben „Terror“ allein in Deutschland gesehen, zeitgleich wurde die Produktion in Österreich und in der Schweiz ausgestrahlt. Anschließend konnten die Zuschauer telefonisch oder online über das Ende des Films abstimmen, und in allen drei Ländern schlossen sich Talk-Runden zum Thema an.

zurück

US-Außenminister John Kerry und der Krieg. Essay über biographische Kontinuität und amerikanische Politik

Teil II: Kriegserfahrung und politisches Handeln 1985 – 2002 * Von Ariane Leendertz * Juli 2016 1984 wurde Kerry für den Staat Massachusetts in den US-Senat gewählt. Als Mitglied des Foreign Relations Committee, vor dem er vierzehn Jahre zuvor als junger Aktivist Rede und Antwort gestanden hatte, spezialisierte er sich auf die Themen Außen- und Sicherheitspolitik. Seine Rede hatte er 1971 mit einem hoffnungsvollen Wunsch enden lassen: In dreißig Jahren solle es in Amerika möglich sein, von „Vietnam“ als einem Ort zu sprechen, „where America finally turned and where soldiers like us helped it in the turning“.[8] Worauf bezog sich seine Hoffnung? Wie gestaltete sich sein Beitrag zu der erhofften Umkehr? Welche politischen Schlussfolgerungen leitete er aus seiner Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg ab?

zurück

Die Republik der Gerechten

Filme über Polen, die Juden retteten * Von Christian Prüfer und Piotr Forecki * Juli 2016 Oberflächlich betrachtet, hat das Thema der polnischen „Gerechten“, also jener Polen, die während des Holocaust Juden (zugleich polnische Staatsbürger) gerettet haben, nach den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2015 an Bedeutung gewonnen. Im Grunde jedoch hat sich mit dem Wahlsieg der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) nicht viel geändert. Die PiS ist eine populistische, national-katholische Gruppierung, die vorgibt, um den guten Ruf der Nation besorgt zu sein und nur ungern die dunklen Seiten der polnisch-jüdischen Geschichte anspricht.

zurück

Verordnete Geschichte? Zur Dominanz nationalistischer Narrative in Polen

Eine Einführung * Von Katrin Stoll, Sabine Stach und Magdalena Saryusz-Wolska * Juli 2016 Am 17. November 2015, drei Monate nach seiner Vereidigung als neuer Staatspräsident von Polen, lud Andrzej Duda ausgewählte Historiker, Publizisten, Museumsleiter und Politiker in seinen Wohnsitz, den Warschauer Belvedere-Palast, ein. Das Treffen war als programmatischer Auftakt für die Erarbeitung einer neuen geschichtspolitischen Strategie für Polen konzipiert. In seiner Eröffnungsrede ließ Duda keinen Zweifel daran, welch hohe Priorität der „richtige“ Umgang mit der Vergangenheit für Polen – und damit für sein eigenes Amtsverständnis – habe: „Geschichtspolitik zu betreiben, ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des Präsidenten. Der Präsident ist der höchste Vertreter der Republik Polen. Es gibt eine große Erwartung ihm gegenüber, und ich möchte dieser gerecht werden.“

zurück

Verordnete Geschichte?

Zur Dominanz nationalistischer Narrative in Polen * Von Magdalena Saryusz-Wolska, Sabine Stach und Katrin Stoll * Juli 2016 In unserem Themenschwerpunkt untersuchen wir die neuesten geschichtspolitischen Praktiken und erklären ihren Erfolg aus der Kontinuität nationalistischer Narrative im öffentlichen Diskurs. Wir vertreten die These, dass das Propagieren eines einseitig positiven, triumphalen, nationalistischen Bildes der Vergangenheit keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal der neuen rechtskonservativen PiS-Regierung ist. Vielmehr greifen die Akteure auf altbekannte Motive der polnischen Geschichtskultur zurück – sowohl auf jene, die sie selbst in ihrer ersten Amtszeit von 2005 bis 2007 verwendeten, als auch auf solche, die viel tiefer in der polnischen Gesellschaft und Kultur verankert sind. Wie Geschichtspolitik in mehreren nationalistischen Gewändern daherkommt, wird anhand verschiedener Fallstudien gezeigt.

zurück

Die „Verstoßenen Soldaten“

Embleme eines Erinnerungsbooms * Von Maria Kobielska * Juli 2016 Als Wissenschaftlerin, die sich mit der aktuellen polnischen Erinnerungskultur – und damit auch mit dem eigenen kulturellen Umfeld – beschäftigt, kann ich den neuesten Erinnerungsboom kaum übersehen. Dabei handelt es sich vor allem um das forcierte Gedenken an die sogenannten „Verstoßenen Soldaten“. Die polnische Erinnerungskultur konzentriert sich gegenwärtig in hohem Maße auf die militärische und politische Geschichte des Landes, auf große historische Ereignisse und die Leistungen der polnischen Armee. Diese Erinnerungskultur ist männlich, katholisch, ethnisch polnisch, zentralisiert, antikommunistisch und in jeder Hinsicht normativ. Zwar gibt es darin auch innovative, abweichende und kritische Elemente, diese nehmen jedoch stets auf die beschriebene Fokussierung der Erinnerungskultur Bezug, reagieren darauf und verarbeiten sie. Der „Boom der Verstoßenen“ treibt diese Form des Gedenkens allerdings ins Extreme.

zurück