Film

Die „Verstoßenen Soldaten“

Embleme eines Erinnerungsbooms * Von Maria Kobielska * Juli 2016 Als Wissenschaftlerin, die sich mit der aktuellen polnischen Erinnerungskultur – und damit auch mit dem eigenen kulturellen Umfeld – beschäftigt, kann ich den neuesten Erinnerungsboom kaum übersehen. Dabei handelt es sich vor allem um das forcierte Gedenken an die sogenannten „Verstoßenen Soldaten“. Die polnische Erinnerungskultur konzentriert sich gegenwärtig in hohem Maße auf die militärische und politische Geschichte des Landes, auf große historische Ereignisse und die Leistungen der polnischen Armee. Diese Erinnerungskultur ist männlich, katholisch, ethnisch polnisch, zentralisiert, antikommunistisch und in jeder Hinsicht normativ. Zwar gibt es darin auch innovative, abweichende und kritische Elemente, diese nehmen jedoch stets auf die beschriebene Fokussierung der Erinnerungskultur Bezug, reagieren darauf und verarbeiten sie. Der „Boom der Verstoßenen“ treibt diese Form des Gedenkens allerdings ins Extreme.

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Kampfbilder

Der visuelle Diskurs der rechtskonservativen Presse in Polen * Von Magdalena Saryusz-Wolska * Juli 2016 Geschichtspolitik manifestiert sich nicht nur in Worten und Taten, sondern auch in den dazugehörigen Bildern. Die öffentliche Ikonosphäre, um den treffenden Begriff des polnischen Kunsthistorikers Mieczysław Porębski zu nutzen, ist ein interessantes Analyseobjekt, in dem aktuelle Tendenzen der polnischen Geschichtspolitik beobachtet werden können. Obwohl die allermeisten Texte, die derzeit in den Medien erscheinen, illustriert werden, finden Bilder wenig Beachtung in der diskursanalytischen Forschung. Dabei sind es oft erst Fotografien, Zeichnungen oder Collagen, die unsere Aufmerksamkeit auf die schriftlichen Äußerungen lenken. „Ein ausdrucksstarkes Titelbild erhöht den Verkauf um zwanzig- bis dreißigtausend Exemplare“ schätzt Rafał Kalukin, ein Publizist der linksliberalen, polnischen Ausgabe der Wochenzeitschrift „Newsweek“.

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Identität im Digitalen Zeitalter

Ausstellungsbesprechung „Nervöse Systeme – Quantifiziertes Leben und die soziale Frage“ * Von Martin Schmitt * April 2016 In ihrer perspektivischen Vielfalt überzeugt die Ausstellung. Der Besucher verlässt sie mit einem anderen Blick auf die Praktiken der Datennutzung im Digitalen Zeitalter und ihrer Genese im Laufe des 20. Jahrhunderts. Neben den zahlreichen Videoinstallationen, für die er/sie ausreichend Zeit mitbringen sollte, vermitteln vor allem die Triangulationen einen schnellen Überblick über die einzelnen Aspekte heutiger Kommunikationssysteme. Nicht immer greift die Metapher der Nervosität, lassen sich viele der Prozesse doch besser mit anderen Konzepten wie dem der Optimierung erfassen. Unerklärt bleibt auch die Frage, warum bei manchen Menschen die Nervosität selbst nach den tiefgreifenden Erkenntnissen ausbleibt, die Edward Snowden an die Öffentlichkeit brachte. Vielmehr stand wohl die schöne Doppeldeutigkeit dem Titel Pate, das die englische Übersetzung der nervous system bot.

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Wie klingt Auschwitz?

Drei Perspektiven auf "Son of Saul" * Von Jakob Mühle, Maren Francke und René Schlott * März 2016 Das preisgekrönte Holocaustdrama „Son of Saul” des ungarischen Regisseurs László Nemes zeigt einen Tag im Oktober des Jahres 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Im beklemmenden 4:3 Format heftet sich der Blick des Zuschauers an Saul Ausländer (eindrucksvoll gespielt von Géza Röhrig), einem Häftling des sogenannten jüdischen Sonderkommandos, das die Deutschen für den reibungslosen Ablauf der Massenvernichtung in den Gaskammern und Krematorien eingesetzt hatten. Der Protagonist Saul hetzt 107 Minuten lang durch das Lager. Er ist auf der Suche nach einem Rabbiner, um einen toten Jungen, den er für seinen Sohn hält, nach jüdischem Ritus zu begraben.

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Eiszeit

"Bridge of Spies" von Steven Spielberg * Von Christoph Classen * Januar 2016 Die erste Szene des Films beobachtet einen Maler, der in einem schäbigen Hotelzimmer an einem Selbstporträt arbeitet. Der Künstler ist ein unscheinbarer Mann mittleren Alters mit Glatze, und der Blick der Kamera fällt abwechselnd auf ihn, sein Gesicht im Spiegel und das fast fertige Bild. Kein Zweifel, hier ist ein Könner am Werk. Doch, das wird rasch klar, bei aller Ähnlichkeit des Porträts ist der Mann nicht das, was er vorgibt zu sein. Er ist kein harmloser Künstler, sondern ein sowjetischer Agent in den USA...

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Russlands geschichtspolitischer Sonderweg

Die Debatte um die Teilnahme der Bundeskanzlerin an den Feierlichkeiten am 9. Mai in Moskau und die Aufregung um den vereitelten Triumphzug der Rockergruppe „Nachtwölfe“ nach Berlin haben die öffentliche Aufmerksamkeit auf das russische Gedenken an den „Großen Vaterländischen Krieg“ gelenkt.

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