Medizin

Händewaschen in sieben Schritten

Der Virologe Christian Drosten – sonst ganz die Ruhe selbst – schien verärgert. Nach seinem wochentäglichen Podcast im NDR, in dem der Wissenschaftler der Berliner Charité die verunsicherte Republik beratend und aufklärend durch die Zeit der Corona-Pandemie führt, war er in Medien mit einem Appell für Schulschließungen zitiert worden. Tatsächlich hatte Drosten lediglich auf eine entsprechende Praxis zur Zeit der Spanischen Grippe (1918-1920) verwiesen.

„Niemand hat das Recht zu gehorchen“

Am späten Abend des 25. März 2020 erschien in den Potsdamer Neuesten Nachrichten die Meldung, dass der Landkreis Ostprignitz-Ruppin „die Kreisgrenze dicht“ mache. Ralf Reinhardt, Landrat mit SPD-Parteibuch, habe an diesem Tag in Ergänzung zu den verschärften Vorschriften des Landes Brandenburg eine „Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung im Landkreis“ erlassen, die ab dem 28.

Psychiatriegeschichte als Horrordrama

Im Jahr 1948 an der Küste Kaliforniens. Die selbst ernannte Krankenschwester Mildred Ratched erschleicht sich einen Posten im Lucia State Hospital, einer psychiatrischen Anstalt, in die ihr Bruder Edmund Tolleson in Kürze eingeliefert werden soll. Ihre Mission: Aus Schuldgefühlen will sie Edmund, der mehrere Priester massakriert hat und über dessen Schuldfähigkeit der visionäre Leiter der Anstalt entscheiden soll, vor der Todesstrafe retten und geht dabei im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen.

Langsamer Fortschritt

Als Studentinnen an der Universität Hamburg  für das erste Seminar zu einem frauengeschichtlichen Thema stritten, das dann 1976 als zweisemestrige Übung zum Thema „Frauen im Nationalsozialismus“ stattfand, gab es fast keine historischen Darstellungen und Quelleneditionen zum Thema. Die Dozentin, die sie für das Vorhaben gewinnen konnten, war Hochschulassistentin in Mittelalterlicher Geschichte, dennoch waren der Enthusiasmus und die Hoffnungen groß, trotz des massiven Widerstands von Seiten männlicher Professoren.

Zeitlandschaften einer »humanitären Tradition« der Schweiz

Es ist wieder soweit. Seit vielen Jahren findet am 8. Mai, im Gedenken an Henry Dunants Geburtstag (*1828), der alljährliche Welttag des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes statt.[1] Ein solcher Tag bietet auch Anlass der Geschichte der Selbstbeschreibung humanitären Helfens nachzugehen. Gerade in den letzten Jahren ist zu beobachten, wie humanitäre Ideen nicht nur als Politikersatz auftreten, sondern auch immer häufiger – insbesondere in der Schweiz – zum identitätsstiftenden Bezugspunkt für humanitäre Selbstbeschreibungen avancieren.

Von Affen, Menschen und anderen Kontroversen um Dieselabgase

Zehn Affen haben die Abgase eines mit „Clean Diesel“-Technologie ausgestatteten Volkswagen Beetle eingeatmet, berichteten Medien und lösten damit einen empörten öffentlichen Aufschrei aus. In der Folge distanzierten sich von diesem Tierversuch nicht nur Umweltschützer und Wissenschaftler, sondern auch Politiker und Vertreter der deutschen Automobilproduzenten Volkswagen, BMW und Daimler.

Deutscher Kolonialismus: Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart

Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin * Von Stefan Noack * Februar 2017 Der „Deutsche Kolonialismus“ ist ein derart weites, komplexes und polarisierendes Thema, dass es unmöglich scheint, ihn im Rahmen einer einzigen Ausstellung umfassend abzubilden. Die Verantwortlichen des Deutschen Historischen Museums haben diesen Versuch gewagt und das Ergebnis ist trotz einiger Schwächen positiv zu bewerten.

Die Erfindung des Biodeutschen

Die Erfindung des Biodeutschen * Von Bodo Mrozek * November 2016 Als Erich Mühsam den Monte Verità bei Locarno erklomm, kam ihm „recht lächerlich“ vor, was er auf dem Berggipfel erblickte: Menschen mit langen Haaren und wallenden Bärten bar jeglicher Textilien bei der Feldarbeit. Den kommunistischen Schriftsteller Erich Weinert inspirierte die Szene wenig später zu einigen respektlosen Versen: „Wer sich von innen her beschaut / und Nietzsche liest, und Rüben kaut / was kümmern den die andern? / Juchu! Wir müssen wandern!“. Weinerts „Gesang der Edellatscher“ und Mühsams Spott, den der Essener Historiker Jürgen Reulecke auf einer Tagung über „Avantgarden der Biopolitik“ im Archiv der Jugendbewegung zitierte, scheinen einen maximalen Abstand zwischen der im Mythischen irrlichternden Lebensreform und der politischen Linken zu illustrieren. Doch der Schein trügt.