Franziska Davies

Alte und neue Abgründe

Wojciech Smarzowskis Film „Die Hochzeit“ verbindet die polnische Gegenwart mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs

Als im Herbst 2021 der neue Film von Wojciech Smarzowski „Die Hochzeit“ in die polnischen Kinos kam, veröffentlichte die PiS-nahe Gazeta Polska eine Rezension mit dem Titel „Smarzowski stachelt zum Hass“ auf. Sein Film, so einer der Vorwürfe, würde „Antisemitismus, Rassismus und Mord“ gleichsetzten mit dem Engagement für den „Schutz des Lebens“. Eine solche „plumpe Propaganda“ habe es bisher im polnischen Kino noch nicht gegeben. Der Verfasser der Rezension war sich dabei nicht zu schade, den Film in eine Reihe zu stellen mit den antisemitischen Filmen der Nationalsozialisten.

Peter Carstens

Überall Tatorte deutscher Verbrechen

„Offene Wunden Osteuropas“ – Eine Rezension

Die folgende Rezension wurde erstmals am 16. Mai 2022 im Deutschlandfunk gesendet. Mit freundlicher Genehmigung Peter Carstens.

 

Martin Schulze Wessel

Faschismus? Genozid? Vernichtungskrieg?

(Reprint)

Diesem Beitrag liegt die diesjährige Droysen-Lecture des Instituts für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin zugrunde. Der Text erschien erstmals am 25.

Anatoly Podolsky

Jüdisches Leben in der Ukraine der Nachkriegszeit

„Wir haben überlebt, wir sollten zusammen sein“

Die Verfolgung von Jüd*innen in den ehemals besetzten Gebieten des östlichen Europas, so auch in der Ukraine, ist in der deutschen Öffentlichkeit nur sehr unvollständig bekannt. Dabei spielten die Massenerschießungen in der Ukraine eine große Rolle für den weiteren Verlauf des Genozids. SS und Wehrmacht haben den Massenmord zunächst hier verübt und dabei nach effizienteren Tötungsmethoden als die zeit- und ressourcenaufwendigen Erschießungen im „Holocaust durch Kugeln“ gesucht.

Daniel Bosch

Armee mit weißer Weste?

Das Narrativ der „sauberen Wehrmacht“ im Computerspiel Company of Heroes 2

Stalingrad, September 1942: Rotarmisten bahnen sich ihren Weg durch das feindliche Artilleriefeuer, stürmen unter dem Beschuss deutscher Maschinengewehre vorwärts und sterben massenweise im Kugelhagel. Mit martialischen Bildern startet die Einzelspieler-Kampagne des 2013 erschienenen Echtzeit-Strategiespiel Company of Heroes 2 (CoH 2).

Rebecca Wegmann

Rückkehr zur Ankunft

Zur audiovisuellen Zusammenführung von Zeitzeug:innen und Archivfilm in Magnus Gerttens Doku-Trilogie

Möwengeschrei, Meeresrauschen, hunderte Gesichter blicken freudig winkend vom Deck eines Schiffes, das in einen Hafen einfährt. Diese Aufnahme ist Teil des Films Vittnesbördet (Schweden, 1945)[1], der im April 1945 im Rahmen der Rettungsaktion der Weißen Busse des Schwedischen Roten Kreuzes die Ankunft befreiter Häftlinge aus nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern im Hafen von Malmö audiovisuell festhält.

Julia Baumann

„Attentat 1942“

Die Vermittlung von NS-Geschichte aus tschechischer Perspektive

Prag im Jahr 2001: Ludmila Jelínková räumt gemeinsam mit ihrem Enkelkind ihre Wohnung auf und stößt dabei auf ein verstaubtes Radio. Plötzlich befinden wir uns mit dem Radio im Jahr 1942. Es ist der 27. Mai. Eine jüngere Ludmila und ihr Ehemann hören durch den Rundfunk von einem Attentat auf den deutschen SS-Obergruppenanführer Reinhard Heydrich. Lautes Klopfen und Gebrüll lässt sie aufschrecken: „Geheime Staatspolizei, machen sie die Tür auf!“. Ludmila muss zusehen, wie ihr Mann abgeführt wird – sie sieht ihn erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder.

Daniel Bosch, Jakob Saß

Zwischen Markt und Vermittlung

Wie digitale Spiele Geschichte(n) erzählen

Noch nie haben in Deutschland so viele Menschen Computer- und Videospiele gespielt.

Annette Vowinckel

Totalitarismus 2.0

Mit Hannah Arendt auf Putins Russland blicken

Im Jahr 1951 veröffentlichte Hannah Arendt ihr Hauptwerk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, in dem sie den Nationalsozialismus auf der Ebene der Herrschaftsform mit dem Stalinismus verglich. Bei beiden handelte es sich aus ihrer Sicht nicht um herkömmliche Diktaturen, wie sie seit der Antike beschrieben worden sind, sondern um terroristische Regime, die den Kern allen politischen Handelns zerstören.

Robert Wolff

Die Mai-Offensive der RAF im Jahr 1972

Reaktionen des Verfassungsschutzes

Sonntag, 21. Mai 1972: Dr. Günther Nollau, der erst wenige Tage zuvor ernannte neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), sitzt in seinem Kölner Büro. Aufgebracht schreibt er einen Brief an den amtierenden Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP). Die Bundesrepublik sah sich zu diesem Zeitpunkt mit der größten Gewaltwelle seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert: der „Mai-Offensive“ der Roten Armee Fraktion (RAF). Seit dem 11. Mai hatte die RAF bereits vier Sprengstoffanschläge verübt.