1989 und die Herausforderungen einer transnationalen, globalen Geschichte

 

Dreißig Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs findet die Transformationszeit um 1989 wieder verstärkte Aufmerksamkeit in der zeithistorischen Forschung. Zugleich sind transnationale und globalgeschichtliche Forschungsperspektiven nach wie vor ein Schwerpunkt innovativer Forschungsarbeiten. Umso erstaunlicher ist, dass beide Aspekte noch kaum miteinander verbunden sind – ein echtes „1989 transnational“ ist in der deutschen Zeitgeschichtsforschung (und auch darüber hinaus) bisher nur selten zu finden.
Stattdessen bewegen sich Forschungsarbeiten zum Umbruch 1989 zumeist im lokalen, regionalen oder nationalen (manchmal im deutsch-deutschen) Rahmen. Wenn einmal grenzüberschreitend geforscht wird, dann handelt es sich nicht selten um Forschungsarbeiten zu spezifischen Grenzregionen. Solche Arbeiten sind dann allerdings nicht selten in den Kulturwissenschaften und nicht in der Zeitgeschichte verortet.
Mit dieser disziplinären Trägheit vergibt die Zeitgeschichtsforschung eine große Chance: Denn wo, wenn nicht im Protestgefüge von 1989, das aufgrund seiner grenzübergreifenden Dynamik von Timothy Garton Ash als annus mirabilis bezeichnet worden ist, wird deutlich, dass ein Denken in national isolierten Kategorien häufig an den zentralen Fragen der modernen Geschichtsschreibung vorbeiführt?

Spätestens jetzt, eine Generation nach dem Mauerfall, wäre es zu begrüßen, dass verstärkt quellenbasierte Forschungsarbeiten entstehen, die über den nationalen Tellerrand schauen und ein Bewusstsein für die großen, teilweise globalen Zusammenhänge dieser Zeit schaffen. Das ist ein ungeheuer schwieriges, aber lohnenswertes Unterfangen. Um den Herausforderungen einer solchen Geschichtsschreibung produktiv zu begegnen, sind meiner Ansicht nach allerdings fünf Einsichten zu berücksichtigen:

 

Mehrere Nationalgeschichten machen noch keine Transnationalgeschichte

Die Zeitgeschichtsforschung sollte sich bewusstmachen, dass ihr Zugang zur Transformationszeit 1989 – sofern er denn über die nationalen Grenzen hinausgeht – immer noch zu häufig keine transnationale Geschichte darstellt. Allzu oft finde sich unter den Schlagworten „europäisch“, „transnational“ oder „global“ eine Addition paralleler Nationalgeschichten – beispielsweise auf Tagungen, in Sammelbänden oder Überblickswerken.  Konkrete Beziehungsgeschichten, Netzwerke, gegenseitige Bezugnahmen (oder auch Abgrenzungen) und grenzüberschreitende Wahrnehmungsmuster, die eine transnationale Geschichtsschreibung ausmachen könnten, tauchen dabei kaum auf. Das ist nicht nur methodisch enttäuschend, sondern auch heuristisch unbefriedigend, denn umfassend erklären lässt sich die Transformationszeit um 1989 dadurch nicht.

 

Verflechtungen gab es nicht nur im Osten, sondern auch im und mit dem Westen

Die Zäsur 1989 ist auch deshalb ein so spannendes Thema, da in dieser Zeit die starren Strukturen des Kalten Krieges aufbrachen, sich Aufmerksamkeiten verschoben, Deutungsmuster ins Wanken gerieten und ein direkter Austausch an neuen Stellen möglich wurde. Dennoch existieren in der Zeitgeschichtsforschung – über den deutsch-deutschen Kontext hinaus – so gut wie keine empirisch fundierten, quellenbasierten Arbeiten, welche die Beziehungen nicht nur innerhalb Ostmitteleuropas, sondern über die Grenzen des Eisernen Vorhangs hinweg in den Blick nehmen. Gänzlich fehlt es zudem an innerwestlichen Fragestellungen, welche sich mit der Zeit um 1989 beschäftigen. Nur anhand solcher Perspektiven auf 1989 könnte jedoch eine heute so oft geforderte Problemgeschichte der Gegenwart entwickelt werden, die den aktuellen Herausforderungen gerecht wird.

 

Westliche und östliche Forscherbrillen verzerren die wissenschaftliche Analyse

Allzu oft übernimmt die historische Forschung zu 1989 in ihren wissenschaftlichen Fragestellungen unbewusst normative oder zeitgenössische Blickwinkel. Die Feststellung, dass die Transformation Ostmitteleuropas noch nicht abgeschlossen sei,[1] verweist beispielsweise auf die unreflektierte Übernahme westlicher Konzepte als Maßstab eines östlichen Anpassungsprozesses. Stattdessen sollte die europäische Zeitgeschichte, wenn sie denn als Transformationsgeschichte verstanden werden will, ergebnisoffen und in wertfreien Analysekategorien arbeiten. Eine verstärkte semantische Selbstreflexion könnte zudem unterstützen, dass Narrative wie etwa das westliche eines nach- oder aufholenden Ostens oder auch das östliche der „Rückkehr nach Europa“ kritisch kontextualisiert werden und damit das zeitgenössisch generierte Wissen zu 1989 zunehmend historisiert wird.

 

Institutionelle Grenzen behindern eine transnationale Erforschung von 1989

Begreift man 1989 als gesamteuropäisches (oder sogar globalgeschichtliches) Forschungsthema, so sollte das auch in den Institutionen der Geschichtswissenschaft sichtbar werden: Die Beschäftigung mit den Jahren um 1989 sollte dafür aus der Ecke der Regionalgeschichte, also der ausschließlichen DDR- und Osteuropaforschung herausgeholt und zum allgemeinen Gegenstand der Zeitgeschichtsforschung werden. Das setzt allerdings einiges voraus: So müssten gewachsene Profile von Forschungseinrichtungen, Lehrstühlen oder Studienpläne, die sich noch zu sehr an einer Trennung von „Ost“ und „West“ orientieren, aufgebrochen werden. Darüber hinaus sollten die Wissenschaftskontakte nach Osteuropa weiter vertieft werden, damit die gegenseitigen Erfahrungen und Positionen überhaupt bekannt sind. Ein Begegnen auf Augenhöhe ist hier allerdings nur möglich, wenn auch die „allgemeinen“ ZeithistorikerInnen beginnen, die Sprachen des Ostens zu erlernen und nicht darauf angewiesen sind, dass polnische, tschechische oder ungarische HistorikerInnen die Quellenarbeit erledigen und ihre Ergebnisse auch noch zuverlässig in deutscher oder englischer Sprache publizieren. Zwar ist die Osteuropaforschung mit ihrem ExpertInnenwissen weiterhin wichtig, sie kann aber nicht alles leisten: Die Erforschung großer Zusammenhänge zu 1989 bleibt durch die bisherige institutionalisierte Selbstbeschränkung möglicherweise auf der Strecke.

 

Ein globales 1989? Bitte ja, aber nicht um jeden Preis

Ohne Zweifel bergen das Ende des Kalten Krieges und die nachfolgenden Dynamiken zahlreiche Aspekte einer Globalgeschichte in sich, also einer Geschichte, die nicht nur grenzüberschreitend, sondern auch über große räumliche Distanzen hinweg von Bedeutung war: So fand beispielsweise das Aufbegehren in den verschiedensten Orten zu ähnlicher Zeit – von Streiks in Danzig über Proteste in Peking, Demonstrationen in Leipzig, Freiheitsforderungen in Kapstadt und  Unruhen in Kaschmir – gegenseitig Beachtung sowohl bei TrägerInnen als auch den GegnerInnen der Regime. Das Wissen um die Dynamiken in anderen Weltregionen konnte mal einschüchternd, mal ermutigend wirken. Zugleich entstanden auch in den 1980er und 1990er Jahren global wirksame Phänomene – von der Umweltbelastung und Ökologiebewegung über die Arbeits- und Zwangsmigration bis hin zur Popkultur und Technologiebegeisterung. Solche Phänomene wurden durch das Ende des Kalten Krieges mal verstärkt, mal gebremst oder in neue Richtungen gelenkt.
Ganz konkrete Untersuchungen solcher direkter und indirekter Bezüge zu einem globalgeschichtlichen 1989 wären wünschenswert und sicher erkenntnisreich. Zugleich gilt es jedoch zu vermeiden, unter der Sogwirkung wissenschaftlicher Trends aus der Transformationszeit 1989 eine umspannende Weltgeschichte zu machen. Auch hier gilt es wieder der Gefahr zu widerstehen, durch ein bloßes Addieren bedeutender Ereignisse das Jahr 1989 zu einem Globalereignis zu stilisieren, um mediale Aufmerksamkeiten oder politische Fördergelder für sich zu gewinnen.

Gelingt allerdings eine kreative und empirisch fundierte Verknüpfung der transnationalen Geschichte mit der Zäsur 1989, dann birgt ein solches Vorgehen eine große Chance für die deutsche Zeitgeschichtsschreibung – von der Generierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse bis hin zur Überwindung west-östlicher Kommunikationshürden. Ein transnationaler oder globalgeschichtlicher Zugang zu 1989 könnte nicht zuletzt auch positiv auf die lokale, regionale und nationale Historiographie der Transformationszeit zurückwirken: Grenzüberschreitende Forschungsfragen zeigen besonders deutlich, dass 1989 nur in seiner Komplexität, Gleichzeitigkeit und Mehrdeutigkeit erforscht werden kann. Die Geschichtswissenschaft sollte dabei die Rolle übernehmen, ganz bewusst den populären und populistischen Sehnsüchten der Eindeutigkeit standzuhalten und 1989 weder instrumentell zu deuten noch einem reinen Erfolgs- oder Krisennarrativ unterzuordnen.

 


[1] Zum Beispiel bei Ivan T. Berend / Bojan Bugaric: Unfinished Europe: Transition from Communism to Democracy in Central and Eastern Europe. Journal of Contemporary History, 50 (4) 2015, S.768–785.

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Veröffentlicht am 18. März 2019

 

Dreißig Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs findet die Transformationszeit um 1989 wieder verstärkte Aufmerksamkeit in der zeithistorischen Forschung. Zugleich sind transnationale und globalgeschichtliche Forschungsperspektiven nach wie vor ein Schwerpunkt innovativer Forschungsarbeiten. Umso erstaunlicher ist, dass beide Aspekte noch kaum miteinander verbunden sind – ein echtes „1989 transnational“ ist in der deutschen Zeitgeschichtsforschung (und auch darüber hinaus) bisher nur selten zu finden.
Stattdessen bewegen sich Forschungsarbeiten zum Umbruch 1989 zumeist im lokalen, regionalen oder nationalen (manchmal im deutsch-deutschen) Rahmen. Wenn einmal grenzüberschreitend geforscht wird, dann handelt es sich nicht selten um Forschungsarbeiten zu spezifischen Grenzregionen. Solche Arbeiten sind dann allerdings nicht selten in den Kulturwissenschaften und nicht in der Zeitgeschichte verortet.
Mit dieser disziplinären Trägheit vergibt die Zeitgeschichtsforschung eine große Chance: Denn wo, wenn nicht im Protestgefüge von 1989, das aufgrund seiner grenzübergreifenden Dynamik von Timothy Garton Ash als annus mirabilis bezeichnet worden ist, wird deutlich, dass ein Denken in national isolierten Kategorien häufig an den zentralen Fragen der modernen Geschichtsschreibung vorbeiführt?

Spätestens jetzt, eine Generation nach dem Mauerfall, wäre es zu begrüßen, dass verstärkt quellenbasierte Forschungsarbeiten entstehen, die über den nationalen Tellerrand schauen und ein Bewusstsein für die großen, teilweise globalen Zusammenhänge dieser Zeit schaffen. Das ist ein ungeheuer schwieriges, aber lohnenswertes Unterfangen. Um den Herausforderungen einer solchen Geschichtsschreibung produktiv zu begegnen, sind meiner Ansicht nach allerdings fünf Einsichten zu berücksichtigen:

 

Mehrere Nationalgeschichten machen noch keine Transnationalgeschichte

Die Zeitgeschichtsforschung sollte sich bewusstmachen, dass ihr Zugang zur Transformationszeit 1989 – sofern er denn über die nationalen Grenzen hinausgeht – immer noch zu häufig keine transnationale Geschichte darstellt. Allzu oft finde sich unter den Schlagworten „europäisch“, „transnational“ oder „global“ eine Addition paralleler Nationalgeschichten – beispielsweise auf Tagungen, in Sammelbänden oder Überblickswerken.  Konkrete Beziehungsgeschichten, Netzwerke, gegenseitige Bezugnahmen (oder auch Abgrenzungen) und grenzüberschreitende Wahrnehmungsmuster, die eine transnationale Geschichtsschreibung ausmachen könnten, tauchen dabei kaum auf. Das ist nicht nur methodisch enttäuschend, sondern auch heuristisch unbefriedigend, denn umfassend erklären lässt sich die Transformationszeit um 1989 dadurch nicht.

 

Verflechtungen gab es nicht nur im Osten, sondern auch im und mit dem Westen

Die Zäsur 1989 ist auch deshalb ein so spannendes Thema, da in dieser Zeit die starren Strukturen des Kalten Krieges aufbrachen, sich Aufmerksamkeiten verschoben, Deutungsmuster ins Wanken gerieten und ein direkter Austausch an neuen Stellen möglich wurde. Dennoch existieren in der Zeitgeschichtsforschung – über den deutsch-deutschen Kontext hinaus – so gut wie keine empirisch fundierten, quellenbasierten Arbeiten, welche die Beziehungen nicht nur innerhalb Ostmitteleuropas, sondern über die Grenzen des Eisernen Vorhangs hinweg in den Blick nehmen. Gänzlich fehlt es zudem an innerwestlichen Fragestellungen, welche sich mit der Zeit um 1989 beschäftigen. Nur anhand solcher Perspektiven auf 1989 könnte jedoch eine heute so oft geforderte Problemgeschichte der Gegenwart entwickelt werden, die den aktuellen Herausforderungen gerecht wird.

 

Westliche und östliche Forscherbrillen verzerren die wissenschaftliche Analyse

Allzu oft übernimmt die historische Forschung zu 1989 in ihren wissenschaftlichen Fragestellungen unbewusst normative oder zeitgenössische Blickwinkel. Die Feststellung, dass die Transformation Ostmitteleuropas noch nicht abgeschlossen sei,[1] verweist beispielsweise auf die unreflektierte Übernahme westlicher Konzepte als Maßstab eines östlichen Anpassungsprozesses. Stattdessen sollte die europäische Zeitgeschichte, wenn sie denn als Transformationsgeschichte verstanden werden will, ergebnisoffen und in wertfreien Analysekategorien arbeiten. Eine verstärkte semantische Selbstreflexion könnte zudem unterstützen, dass Narrative wie etwa das westliche eines nach- oder aufholenden Ostens oder auch das östliche der „Rückkehr nach Europa“ kritisch kontextualisiert werden und damit das zeitgenössisch generierte Wissen zu 1989 zunehmend historisiert wird.

 

Institutionelle Grenzen behindern eine transnationale Erforschung von 1989

Begreift man 1989 als gesamteuropäisches (oder sogar globalgeschichtliches) Forschungsthema, so sollte das auch in den Institutionen der Geschichtswissenschaft sichtbar werden: Die Beschäftigung mit den Jahren um 1989 sollte dafür aus der Ecke der Regionalgeschichte, also der ausschließlichen DDR- und Osteuropaforschung herausgeholt und zum allgemeinen Gegenstand der Zeitgeschichtsforschung werden. Das setzt allerdings einiges voraus: So müssten gewachsene Profile von Forschungseinrichtungen, Lehrstühlen oder Studienpläne, die sich noch zu sehr an einer Trennung von „Ost“ und „West“ orientieren, aufgebrochen werden. Darüber hinaus sollten die Wissenschaftskontakte nach Osteuropa weiter vertieft werden, damit die gegenseitigen Erfahrungen und Positionen überhaupt bekannt sind. Ein Begegnen auf Augenhöhe ist hier allerdings nur möglich, wenn auch die „allgemeinen“ ZeithistorikerInnen beginnen, die Sprachen des Ostens zu erlernen und nicht darauf angewiesen sind, dass polnische, tschechische oder ungarische HistorikerInnen die Quellenarbeit erledigen und ihre Ergebnisse auch noch zuverlässig in deutscher oder englischer Sprache publizieren. Zwar ist die Osteuropaforschung mit ihrem ExpertInnenwissen weiterhin wichtig, sie kann aber nicht alles leisten: Die Erforschung großer Zusammenhänge zu 1989 bleibt durch die bisherige institutionalisierte Selbstbeschränkung möglicherweise auf der Strecke.

 

Ein globales 1989? Bitte ja, aber nicht um jeden Preis

Ohne Zweifel bergen das Ende des Kalten Krieges und die nachfolgenden Dynamiken zahlreiche Aspekte einer Globalgeschichte in sich, also einer Geschichte, die nicht nur grenzüberschreitend, sondern auch über große räumliche Distanzen hinweg von Bedeutung war: So fand beispielsweise das Aufbegehren in den verschiedensten Orten zu ähnlicher Zeit – von Streiks in Danzig über Proteste in Peking, Demonstrationen in Leipzig, Freiheitsforderungen in Kapstadt und  Unruhen in Kaschmir – gegenseitig Beachtung sowohl bei TrägerInnen als auch den GegnerInnen der Regime. Das Wissen um die Dynamiken in anderen Weltregionen konnte mal einschüchternd, mal ermutigend wirken. Zugleich entstanden auch in den 1980er und 1990er Jahren global wirksame Phänomene – von der Umweltbelastung und Ökologiebewegung über die Arbeits- und Zwangsmigration bis hin zur Popkultur und Technologiebegeisterung. Solche Phänomene wurden durch das Ende des Kalten Krieges mal verstärkt, mal gebremst oder in neue Richtungen gelenkt.
Ganz konkrete Untersuchungen solcher direkter und indirekter Bezüge zu einem globalgeschichtlichen 1989 wären wünschenswert und sicher erkenntnisreich. Zugleich gilt es jedoch zu vermeiden, unter der Sogwirkung wissenschaftlicher Trends aus der Transformationszeit 1989 eine umspannende Weltgeschichte zu machen. Auch hier gilt es wieder der Gefahr zu widerstehen, durch ein bloßes Addieren bedeutender Ereignisse das Jahr 1989 zu einem Globalereignis zu stilisieren, um mediale Aufmerksamkeiten oder politische Fördergelder für sich zu gewinnen.

Gelingt allerdings eine kreative und empirisch fundierte Verknüpfung der transnationalen Geschichte mit der Zäsur 1989, dann birgt ein solches Vorgehen eine große Chance für die deutsche Zeitgeschichtsschreibung – von der Generierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse bis hin zur Überwindung west-östlicher Kommunikationshürden. Ein transnationaler oder globalgeschichtlicher Zugang zu 1989 könnte nicht zuletzt auch positiv auf die lokale, regionale und nationale Historiographie der Transformationszeit zurückwirken: Grenzüberschreitende Forschungsfragen zeigen besonders deutlich, dass 1989 nur in seiner Komplexität, Gleichzeitigkeit und Mehrdeutigkeit erforscht werden kann. Die Geschichtswissenschaft sollte dabei die Rolle übernehmen, ganz bewusst den populären und populistischen Sehnsüchten der Eindeutigkeit standzuhalten und 1989 weder instrumentell zu deuten noch einem reinen Erfolgs- oder Krisennarrativ unterzuordnen.

 


[1] Zum Beispiel bei Ivan T. Berend / Bojan Bugaric: Unfinished Europe: Transition from Communism to Democracy in Central and Eastern Europe. Journal of Contemporary History, 50 (4) 2015, S.768–785.

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