Wenn es ernst wird
"Entscheidung in Kiew. Ukrainische Lektionen" – so hat Karl Schlögel sein 2015 veröffentlichtes Buch über die Ukraine betitelt.[1] Drei Punkte sind es, die den Band im März 2022 zu einer ebenso fesselnden wie aufwühlenden Lektüre machen; zum "Buch der Stunde" gar, wie es unlängst hieß.
Sprache als Waffe
Mich erreichen in diesen Tagen dramatische Nachrichten aus der Ukraine. Eine verzweifelte Kollegin, Mutter eines kleinen Sohnes, schreibt aus Charkiv:
Kiew im Februar 2022
Am 15. Februar, etwas mehr als eine Woche vor Beginn der russischen Invasion in die Ukraine, war ich zum letzten Mal im Archiv des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Als ich mich von der Lesesaalaufsicht verabschiedete und ihr sagte, ich hoffe, bald zurückkehren zu können, blickte ein älterer Nutzer auf. Wo ich denn herkomme. „Aus Berlin“, antwortete ich. "Ach so", sagte er und schaute wieder in seine Akten, "aus Deutschland. Na, großartig.
Russlands Wissenschaftler*innen protestieren
Die Bevölkerung Russlands steht nicht geschlossen hinter dem Krieg gegen die Ukraine. Trotz aller Bemühungen der staatlichen Propaganda, den Krieg in der russischen Öffentlichkeit als „Spezialoperation“ zu inszenieren, regt sich vielerorts Widerstand. Die Proteste begannen unmittelbar nach dem russischen Angriff. Nicht nur in den Hauptstädten Moskau und St. Petersburg, sondern in vielen Städten gingen tausende Menschen auf die Straßen und Plätze um gegen den Krieg zu demonstrieren.
Russlands Überfall auf die Ukraine – eine Zeitenwende?
"Zeitenwende": gleich mehrfach gebrauchte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung zum Krieg in der Ukraine am 27. Februar im Deutschen Bundestag dieses Wort, um zu beschwören, dass seit dem russischen Überfall auf die Ukraine plötzlich alles ganz anders sei.
Die Wirklichkeit ist angekommen …
Dieses Dossier wir laufend aktualisiert, zuletzt am 25. März 2024
… die Wirklichkeit ist angekommen, so Karl Schlögel in der sonntäglichen Gesprächsrunde bei Anne Will. Die Zeit ist vorbei, so Schlögel, dass man uns Märchen erzählt. Gemeint war damit der unglaubliche ‚Russland‘- und Putin-Kitsch, den etwa Politiker*innen wie Sahra Wagenknecht, Gerhard Schröder oder Gregor Gysi regelmäßig verbreiteten.
The Imperial Imagination of Russians
Among Soviet historians it has become a kind of truism that the Soviet Union was in a permanent state of contradictions and that Soviet society adopted to these contradictions with a variety of survival mechanisms that ranged from ignoring contradictions to circumventing their challenges. One of the most significant contradictions was the tension between the Soviet Union’s self-declared anti-imperialism and anti-colonialism and the fact that it asserted its own imperial and colonial structures, especially in the post-WW II period.
Mission und Macht
Was will Putin? wurde in den letzten Wochen gerätselt. Eher sollte gefragt werden, was will der Westen tun, um die Pläne des russischen Präsidenten zu verhindern. Dessen Pläne sind umfassend und unmissverständlich deutlich in den beiden im Dezember veröffentlichten Schreiben an die NATO und an die Regierung der USA formuliert worden, darin verlangt Putin:
1. Keinen NATO-Beitritt weiterer ehemaliger Sowjetrepubliken.
Amintiri de pe Frontul de Est/ Erinnerungen an die Ostfront
Bei genauerer Betrachtung sind sich die Medien Fotoalbum und Film überraschend ähnlich: Beide sind kuratiert und inszeniert. Wir sehen nur, was für zeigenswert erachtet wurde, bekommen nur selektive Einblicke in die Wirklichkeit und lassen uns vom Arrangement der Albengestalter:innen und Regisseur:innen leiten.
Exklusiv national
Maly Trascjanec im heutigen Belarus war der größte NS-Vernichtungsort auf dem Gebiet der Sowjetunion. Zwischen 1942 und 1944 ermordeten Nationalsozialist:innen lokale sowie aus dem besetzten Mitteleuropa deportierte Jüdinnen:Juden, (angebliche) Partisan:innen und (Kriegs-)Gefangene.