Von Bruderliebe in Israel, am Zaun von Gaza
Über Tom Shovals Dokumentarfilm „Michtav Le’David“ / „A Letter to David” (Israel/USA, 2025)
„A Letter to David” hatte am 14. Februar 2025 seine Weltpremiere, Berlinale-Chefin Tricia Tuttle umarmte den israelischen Regisseur Tom Shoval auf der Bühne. Am Tag danach signalisierten mir Verspannungen, wie stark ich mich im Kinosessel verkrampft haben muss. Die Wucht des Films ist wohl auch in seiner Unabgeschlossenheit begründet. Denn nichts löst sich hier auf, alles bleibt trostlos – was kann dort/hier wieder gut werden? Der Film ist nicht Symbol, sondern die Konkretion einer politisch und menschenrechtlich katastrophalen Dynamik, erzählt aus jüdisch-israelischen Perspektiven.
Politischer denn je
Berlinale feiert 75. GeburtstagZum 75. Jubiläum zeigten sich die Internationalen Filmfestspiele Berlin politischer denn je. Ein dreiviertel Jahrhundert wird die Berlinale 2025 alt. Unter neuer Leitung von der US-Amerikanerin Tricia Tuttle und mit einem abgespeckten Programm fokussierten viele der vom 13. bis zum 23. Februar 2025 gezeigten Filme Konflikte unserer Gegenwart. Der Nahostkonflikt, der russische Angriffskrieg in der Ukraine und rechter Terror und seine Folgen, genauso wie Fragen nach dem Zustand der Demokratie oder dem gesellschaftlichen Zusammenhalt werden auf die große Leinwand projiziert.
„Stolz und Eigensinn“
Erinnerung und Verlusterfahrung: DDR-Frauen und ihre Arbeitswelt vor und nach der Wiedervereinigung
Der Alltag vieler Menschen in der DDR war geprägt durch ihre Arbeitswelt. Rückblickend wird die DDR deswegen sogar als „Arbeitsgesellschaft“ beschrieben. Den hohen Stellenwert der Arbeit muss man sich bewusst machen, wenn man verstehen will, welche Folgen die Privatisierung der DDR-Industriebetriebe für die ostdeutsche Gesellschaft in den 1990er Jahren hatte. Viele Menschen verloren damit nicht einfach „nur“ einen Job, sondern vielmehr einen Teil ihrer Identität.
566 Minuten Gedächtnisarbeit
Warum Historiker*innen Claude Lanzmanns Shoah (1985) gesehen haben sollten
Am 21. April 1985 kam es im Théâtre de l’Empire in Paris zu einer besonderen Premiere: In zwei Teilen wurde der Film Shoah von Claude Lanzmann uraufgeführt.
“You always have to proof something”
Die wiederentdeckte Dokumentation des Ersten Internationalen Frauen-Filmseminars 1973
Das Kino Arsenal in Berlin Schöneberg 1973: Vom 15. bis zum 18. November fand dort das Erste Internationale Frauen-Filmseminar statt. „Seminar“, falls sich jemand wundert, musste die nicht von einem Filmfestival unterscheidbare Veranstaltung aufgrund von Sponsorenauflagen heißen. Vorgestellt wurden damals 45 Filme aus sieben Ländern. Das Festivalprogramm kam einer Pionierinnenarbeit gleich. 250 Teilnehmer:innen, die in Frauengruppen aktiv waren oder in der Medienbranche arbeiteten, waren eingeladen.
Porträts, die den Blick verändern
Über die Berlinale Shorts 2025
Der Kurzfilm ist ein besonderes Genre. Experimentell, ausdrucksstark, mutig. Cineastische Möglichkeiten werden in kondensierten Handlungen und starken visuellen Erzählungen ausgelotet und rufen tiefgreifende Emotionen sowie Reflexionen bei den Zuschauer*innen hervor.
Wie Filmbilder zu Geschichte werden
Laudatio für Dr. Andreas Kötzing
Laudatio für Dr. Andreas Kötzing zum Zeitgeschichte-Digital-Preis in der Kategorie „Wissenschaftskommunikation“ für den Beitrag „Falsches Feuer. Zum Umgang mit retuschierten und inszenierten Bildern vom Reichstagsbrand“, erschienen am 12. Mai 2023 auf „Visual History. Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung“.
Lieber Andreas Kötzing,
Als der Terror live ging
Ein Stück Mediengeschichte
Der Film September 5 – The Day the Terror went live erinnert an die dramatische und letztlich tödliche Geiselnahme israelischer Sportler und Trainer durch den palästinensischen „Schwarzen September“. Dieses Ereignis reiht sich ein in die lange Serie von Attentaten, Geiselnahmen, tödlichen Angriffen und Kriegen, die allgemein unter dem Begriff Nahost-Konflikt zusammengefasst werden.
Prenzlauerberginale: Die filmische Erkundung eines („mythischen“) Bezirks im Wandel
Ein Gespräch mit dem Festivalleiter Stephan Müller über das FilmfestivalStephan Müller ist Historiker, er betreibt das Geschichtsbüro Müller. Seit 2016 organisiert und konzipiert er neben anderen Filmfesten jährlich das (jeweils komplett ausverkaufte) Filmfestival Prenzlauerberginale. Seit drei Jahren wird das Filmfest vom Berliner Aufarbeitungsbeauftragten gefördert.
Yomigaeru Koe oder Die verschwundene Stimme, die wieder aufgetaucht ist
Ein dokumentarisches Zeitzeugnis der Zainichi-Koreanischen Gemeinschaft
Die Dokumentarfilmerin Park Soo-nam, Japanisch-Koreanerin zweiter Generation, drehte und bewahrte ihr ganzes Leben lang einmalige Zeitzeugnisse der koreanischen Minderheit in Japan, in Film-und Schriftform. Rund 50 Stunden an 16mm-Filmmaterial sowie Tonaufnahmen sind bis zur Entstehung von Voices of the Silenced noch nicht filmisch verarbeitet. Es sind Einblicke in die Schicksale und den Alltag einer Bevölkerungsgruppe, die bis in unsere Gegenwart hinein mit Ausgrenzung und Diskriminierung zu kämpfen hat.