Kultur, Cocktail und Currywurst: Museum einmal anders. Die Lange Nacht der Museen in Berlin geht am morgigen Samstag, den 25. August, in die 38. Runde. Die erste Lange Nacht im Februar 1997 lockte 6000 Besucher in die teilnehmenden 18 Museen. Eine gemeinsame Eintrittskarte ermöglichte den BesucherInnen den Zugang zu allen beteiligten Einrichtungen und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Da das Konzept erfolgreich war und eine große Zahl von BesucherInnen anzog, finden Museumsnächte inzwischen in über 120 Städten statt. Im Jahr 2010 ergab eine Forsa-Studie, dass die Lange Nacht fast jedem Berliner (93 %) ein Begriff ist. Bis 2012 fand die Lange Nacht sogar zweimal jährlich (im Januar und August) statt. Im Jahr 2017 feierten die Museen gemeinsam mit über 32.000 Besuchern das Jubiläum „20 Jahre Lange Nacht“.
Das Berliner Original, das rund 30.000 Menschen in die 80 örtlichen Museen, Gedenkstätten und Ausstellungen lockt, hat auch dieses Jahr wieder ein spannendes Programm und einige Neuerungen zu bieten. Über das, was uns bei der Langen Nacht erwartet, konnten wir im Einzelgespräch zuerst mit Dr. Gabriele Miketta, der Verantwortlichen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, und danach mit Annette Meier, der Projektleiterin der Langen Nacht der Museen sprechen.
ZOL im Gespräch mit Dr. Gabriele Miketta
Dr. Gabriele Miketta ist seit 2005 Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei den Berliner Kulturprojekten.
ZOL: Seit wann können die Berliner nachts ins Museum?
Miketta: Die Lange Nacht hat im Jahr 1997 das erste Mal stattgefunden. Lange Jahre gab es sie zweimal im Jahr – immer am letzten Sonnabend im Januar und am letzten Sonnabend im August. Seit einigen Jahren findet die Lange Nacht der Museen jetzt nur noch im August statt. Insofern gibt es sie seit 21 Jahren, dieses Jahr ist die 38. Lange Nacht der Museen in Berlin.
ZOL: Angefangen hat es mit 6000 BesucherInnen, mittlerweile hat die Lange Nacht über 30.000 BesucherInnen. Allerdings lassen sich recht verschiedene Angaben zu den Besucherzahlen finden.
Miketta: Die Besucherzahlen schwanken natürlich immer ein wenig. Es sind in den letzten Jahren tatsächlich immer so um die 30.000 BesucherInnen gewesen, die Tickets kaufen. Das ist ganz wichtig, weil bis zum 12. Lebensjahr ist der Eintritt bei der Langen Nacht frei. Man kann auf die Verkaufszahl gut noch ein paar kleine BesucherInnen darauf schlagen – nämlich die bis 12-Jährigen. Von daher ist die genannte Zahl diejenige, bei der sich das seit einigen Jahren eingepegelt hat.
ZOL: Gibt es einen Auf- oder Anstieg bei den Besucherzahlen der Langen Nacht der Museen in Berlin? Oder bleibt es wirklich immer um die 30.000?
Miketta: Nein, zunächst ist es immer weiter kontinuierlich gewachsen, gewachsen, gewachsen – von der ersten Langen Nacht ausgehend. Es gab auch Besucherspitzen im Laufe der Jahre, die wir jetzt nicht mehr erreichen. Da ist die Lange Nacht Opfer des eigenen Erfolgs, wenn man so sagen will. Die Museen haben gelernt, wie gut solche Formate ankommen, und haben dieses Konzept weiterentwickelt. Es gibt eine Botanische Nacht oder eine Schlössernacht in Potsdam. Besondere Events zu kreieren ist inzwischen im Museum üblich, daher gibt es nicht mehr nur diese eine tolle Lange Nacht der Museen. Sie ist natürlich immer noch die Tollste, keine Frage. Aber die Museen haben viele andere, auch sehr spannende Angebote, und das merkt man als Veranstalterin der Langen Nacht über das Jahr verteilt. Tage der Offenen Tür sind auch sehr sehr beliebt. Außerdem gibt es noch den Internationalen Museumstag, der ist jedes Jahr im Mai. An diesem Tag gibt es in allen Museen freien Eintritt.
ZOL: Gibt es für die Lange Nacht eine Kapazitätsgrenze?
Miketta: Ja, es kommt vor, dass die Schlangen zu den Museen und Ausstellungen im Zweifelsfall immer länger werden. Aber eigentlich haben wir kein Ticketkontingent, das irgendwann seine Kapazität erreicht hat. Es gibt einige Museen, in denen dürfen zur gleichen Zeit nur eine bestimmte Anzahl von BesucherInnen in die Ausstellung. Wenn einem die Wartezeit zu lange dauert, dann ist man natürlich frei, in ein anderes Museum zu gehen. Die Museen zählen ihre BesucherInnen in der Langen Nacht. Wir haben auf unserer Seite wiederum die Ticketverkäufe, so können wir gegenrechnen, wie viele Museen ein/e BesucherIn im Schnitt schafft in der Langen Nacht. Dieser Durchschnittswert ist all die Jahre relativ gleichgeblieben – immer so um die fünf Museen. Es waren mal 4,7 oder mal 5,3. Das ist wirklich interessant, denn selbst als es noch weniger teilnehmende Häuser waren und noch weniger Menschen die Lange Nacht besucht haben, war es trotzdem schon so, dass der durchschnittliche Besucher ungefähr fünf Museen in der Langen Nacht besucht hat. Da sind die dabei, die sich in einem Museum völlig verlieren und dort hängen bleiben. Aber da sind auch die ganz Sportlichen dabei, die wirklich etwas vorhaben und sich einen Plan für die Lange Nacht machen, zu ganz bestimmten Ereignissen in die Museen gehen und das Programm der Langen Nacht so takten, dass sie sogar acht oder zehn Museen an einem Abend schaffen. Die BesucherInnen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, sind meistens diejenigen, die am meisten Museen in der Langen Nacht besuchen.
ZOL: Gibt es Museen in Berlin, die im Vergleich zum regulären Museumsbetrieb besonders profitieren?
Miketta: Das ist natürlich für uns als außenstehende VeranstalterInnen schwer zu beantworten. Aber man kann sicherlich sagen, dass die kleineren, weniger bekannten Museen, die vielleicht auch ein bisschen abseits liegen, tatsächlich zur Langen Nacht einen Besucheransturm erleben, wie sie ihn sonst im Jahr eher nicht haben.
ZOL: Wozu braucht Berlin die Lange Nacht?
Miketta: Was würde Berlin ohne die Lange Nacht der Museen machen? Sie ist eine Veranstaltung für die Berliner. 70 Prozent der BesucherInnen der Langen Nacht kommen aus der Stadt Berlin. Die könnten natürlich das ganze Jahr in die Berliner Museen gehen. Aber nein, sie warten auf die Lange Nacht, weil sie es toll finden, mit anderen Menschen zusammen ins Museum zu gehen. Außerdem natürlich die besondere Atmosphäre, die bei der Langen Nacht herrscht, und die besonderen Programme in den Museen, die wirklich sehr vielfältig sind. Man bekommt für dieses eine Ticket unglaublich viel geboten. Da ist der Berliner schlau, der weiß das und kommt deshalb gerne zur Langen Nacht. Und genau die Berliner BesucherInnen sind wichtig für die Museen, die sonst vor allem internationale Gäste begrüßen. Insofern ist die Lange Nacht der Museen für die Stadt Berlin selbst ein wichtiges, schönes Ereignis einmal im Jahr. Andererseits ist es tatsächlich auch so, dass das Publikum der Langen Nacht internationaler wird. Dieser allgemeine Trend, dass immer mehr Touristen in die Stadt Berlin kommen, macht sich auch in den Museen bemerkbar. Klar, viele der Touristen kommen wegen der Berliner Museen in die Stadt. Die zwei Hauptgründe sind: Museen anschauen und Zeitgeschichte erkunden. Das sind die starken Motive für die Touristen, nach Berlin zu kommen. Und deswegen gibt es zunehmend mehr Touristen, manche entdecken die Lange Nacht auch zufällig en passant, auch das ist natürlich wieder schön für die Stadt, die versucht besondere Reiseanlässe für Touristen zu schaffen, und die Stadt erlebt dies auch, dass zur Berlinale, zur Langen Nacht und anderen Großereignissen unserer Hauptstadt, die Leute ganz gezielt anreisen, um dies mitzuerleben. Aber dieser Aspekt steht nicht so in unserem Fokus. Das Wichtigste ist nach wie vor wirklich: Berliner, das ist eure reichhaltige Museumslandschaft, die ist einmalig auf der Welt, wirklich einmalig, kommt! Bringt eure FreundInnen und eure Familie mit. Guckt euch die Lange Nacht der Museen an.
ZOL: Was ist denn der Unterschied der Langen Nacht in Berlin zur Langen Nacht in anderen Städten?
Miketta: Die Lange Nacht der Museen ist ein Erfolgsmodell, deswegen wurde diese Veranstaltung entsprechend oft abgekupfert, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Es gibt ja inzwischen Lange Nächte der Museen von Buenos Aires bis Reykjavík. Das freut uns ganz besonders. Wir stehen zum Teil im Austausch mit den internationalen KollegInnen. Das Besondere ist tatsächlich, dass Berlin so viele, vielfältige, einzigartige Museen hat. Die Städte haben in der Regel ein Kunstmuseum, ein Naturkundemuseum oder ein Technikmuseum. Klar, aber es gibt in Berlin eine Mori-Ôgai-Gedenkstätte, ein Puppentheatermuseum. Es gibt viele Bezirksmuseen, aufgrund der Größe der Stadt. Einmalige Vielfalt also, die Anzahl, die Fläche, auf der man dann unterwegs ist. Die Museen liegen über die ganze Stadt verteilt. Es gibt natürlich Zentren bzw. Quartiere wie zum Beispiel die Museumsinsel, das Nikolaiviertel und rund ums Schloss Charlottenburg. Letztendlich kann man in seinem Kiez starten und dort bleiben, weil vor Ort genug Museen sind: Zuckermuseum, Feuerwehrmuseum, was es nicht alles für Museen gibt.
ZOL: Wie viel kostet die Lange Nacht der Museen in Berlin? Und wer trägt diese Kosten?
Miketta: Die Lange Nacht der Museen in Berlin trägt sich ganz alleine aus den Ticketeinnahmen. Wir gehen immer in Vorleistung und hoffen, dass wir dann genug Tickets verkaufen. Es gibt keinen großen Hauptsponsor und keine Unterstützung vom Land Berlin. Wir sind eine landeseigene GmbH, insofern gibt es nur vermittelt Unterstützung, weil wir als Arbeitskräfte bezahlt werden. Aber jedes Jahr aufs Neue stellt sich uns die spannende Frage, verkaufen wir genug Tickets, um die Kosten der Veranstaltung zu tragen. Der Aufwand liegt bei einigen Hunderttausend Euro. Das Teuerste ist der Busshuttle. Viele denken, dass der Busshuttle von der BVG gesponsert sei. Das Gegenteil ist der Fall, dieser Busshuttle ist der größte Posten im Budget der Langen Nacht.
ZOL: Wie groß ist die Personaldecke?
Miketta: Wenn die Lange Nacht gelaufen ist, fangen wir „zart“ direkt wieder mit der Vorbereitung der nächsten Langen Nacht an. Das nimmt natürlich im Laufe der Zeit Fahrt auf. Dann wächst auch das Team. Kulturprojekte Berlin ist eine landeseigene Gesellschaft, die sehr viele unterschiedliche Kulturprojekte betreut. Im Prinzip haben wir dort eine Stammmannschaft, in der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing usw. Die kommt zum Einsatz, und es bilden sich gleichzeitig Projektteams, in denen Leute temporär dazukommen. Nicht zu vergessen, wir haben Busguides in den Bussen im Einsatz, die wir erst einmal alle akquirieren und entsprechend briefen müssen. Außerdem gibt es immer BesucherInnendienste. Zusätzlich die Kräfte, die in den Museen eingesetzt werden, die bewachen und das Catering bereitstellen, die Führungen anbieten usw. Die Gesamtzahl kann ich gar nicht nennen. Von unserer Seite aus sind es mit BesucherInnendiensten, Busguides etc. weit über hundert Menschen: Und zudem muss man das interne Personal in den 80 Museen dazu zählen. Das ist in einem kleinen Museum vielleicht ein Team von fünf Leuten, und in einem großen Museum können das locker fünfzig, sechzig oder hundert Personen sein.
ZOL: Wie lautet der kulturpolitische Auftrag der Langen Nacht der Museen in Berlin?
Miketta: Die Lange Nacht der Museen ist eine große Werbeveranstaltung für die Museen der Stadt. Es ist so, dass das Publikum als Gemeinschaft die Museen erleben und sich darüber austauschen kann. Wir sagen immer gern: Das Publikum begegnet sich selbst. Die Lange Nacht hat einen anderen Charakter als der normale Museumsbesuch, bei dem ich mir überlege, welche Ausstellung möchte ich angucken. Das hat ganz genauso seine Berechtigung – überhaupt keine Frage, kontemplativ kann es in der Langen Nacht auch zugehen. Aber es geht um die Begegnung mit dem Museum, mit den Museumsmachern, aber vor allen Dingen um das Publikum, das sich selbst begegnet.
ZOL: Haben Sie denn das Gefühl, dass das Publikum, das zur Langen Nacht kommt, auch jenes ist, welches normalerweise in die Museen geht?
Miketta: Da ist alles dabei. Wir haben immer einen ganz großen Teil ErstbesucherInnen. Was nicht heißt, dass diese Menschen noch nicht im Museum waren, aber viele probieren die Lange Nacht aus und kommen dann hoffentlich im nächsten Jahr wieder. Tatsächlich haben wir in Befragungen festgestellt, dass ein Teil des Publikums von regelmäßigen MuseumsgängerInnen gestellt wird. Die gehen bis zu fünf Mal im Jahr ins Museum, und es gibt aber auch die BesucherInnen, die gehen nur zur Langen Nacht ins Museum. Für die alle ist es wichtig, jedes Jahr wieder eine Lange Nacht der Museen zu veranstalten.
ZOL: Gibt es in der Vorbereitung zur Langen Nacht fachwissenschaftliche Beratungen?
Miketta: Unser Part ist die Organisation dessen, was vor den Museumstüren passiert. Für das Angebot im Museum sind die Museen selbst verantwortlich. Wir geben Anregungen. So etwas wie dieses Jahr, dass wir die Treppen inszenieren, das ist eine Idee von uns, die wir an die Museen herangetragen haben. Die Idee wurde dankbar aufgenommen, aber wirklich sehr unterschiedlich und vielfältig umgesetzt. Manchmal helfen wir mit Kontakten, dass wir KünstlerInnen mit dem jeweiligen Museum zusammenbringen. Wenn wir um Hilfe gebeten werden, machen wir das natürlich gerne. Manche Museen haben aber auch ihre festen Partner. Die Angebote, die bei den BesucherInnen gut ankommen, werden ein zweites und ein drittes Mal angeboten, weil es jedes Jahr immer wieder neue BesucherInnen gibt, die zum ersten Mal zur Langen Nacht kommen.
ZOL: Warum das Thema „Treppe“?
Miketta: Weil Treppen zwar von allen genutzt werden, aber selten im Fokus stehen. Man geht die Treppe rauf, um in die Ausstellung XY zu gehen, oder man geht die Treppe runter, um sich das Archiv im Keller anzuschauen. Die Treppe ist ein klassischer Durchgangsraum. Es gibt so viele Museen mit wunderschönen und besonderen Treppen, dass wir OrganisatorInnen dachten, das wäre doch einmal eine Idee, die Treppen in den Fokus zu stellen.
ZOL: Die Treppe soll als zentrales Motiv die Museen der Langen Nacht miteinander verbinden. Gab es so etwas schon in vorangegangenen Langen Nächten?
Miketta: Immer mal wieder. Wir hatten eine Lange Nacht zum Thema Zeit. Wir hatten auch Lange Nächte zu geschichtlichen Ereignissen, wenn sich ein bestimmtes Datum angeboten hat wie zum Beispiel fünfzig Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges. Aber ein übergreifendes Thema ist kein Muss für die Veranstaltung.
ZOL: Wie stellen sich historische Museen in der Langen Nacht dar? Gibt es neue Formate?
Miketta: Eine Anregung von uns vor allem an historische Museen war, ganz bestimmte Führungsformate anzubieten, sodass die BesucherInnen etwas damit anfangen können. Dazu zählt zum Beispiel diese Expressführung, die sehr gut angenommen wird. Bei der Expressführung, wie der Name schon sagt, ist es klar, dass nicht in epischer Breite auserzählt, sondern dass etwas Besonderes herausgepickt und genauer fokussiert wird.
ZOL im Gespräch mit Annette Meier
Annette Meier ist Kunsthistorikerin und seit 2012 Projektleiterin bei den Berliner Kulturprojekten für die Lange Nacht der Museen.
ZOL: Frau Meier, wir geben die Frage auch an Sie weiter: Wie stellen sich denn historische Museen bei der Langen Nacht dar?
Meier: Die historischen Museen haben eine besondere Chance in der Langen Nacht, indem sie zum Beispiel Zeitzeugen einladen. Das ist ganz spannend, beispielsweise im Stasi-Museum, wo ein Großteil der Mitarbeiter die damalige Besetzung selbst miterlebt haben. Ich glaube, es ist letztlich etwas ganz Anderes, auch wenn es sich generell um eine tolle Ausstellung handelt, ob ich Informationen lesend aufnehme, oder ob ich jemandem zuhöre, der aus erster Hand erzählt. Die Begegnung mit den Zeitzeugen ist sehr, sehr eindrucksvoll. Das gilt auch für Hohenschönhausen, das Stasi-Gefängnis, wo in der Langen Nacht Führungen durch Zeitzeugen stattfinden, übrigens auch in Räumen, in die man sonst nicht rein kommt.
ZOL: Wir hatten bereits über gewisse Veränderungen gesprochen, die es im Laufe der letzten Jahre gab, können Sie konkret festmachen, was sich in der Langen Nacht, jenseits der Steigerung von 6.000 auf 30.000 Besucher, noch getan hat?
Meier: Ich glaube, die Lange Nacht hat sich und muss sich ständig verändern. Beispielsweise abseits der üblichen Arbeit der Museen, dass man konkret auf verschiedene Bevölkerungsgruppen zugeht. Ich glaube, da passiert jetzt gerade sehr viel in den Museen, und das spiegelt sich in der Langen Nacht mit inklusiven Führungen, also Führungen in Gebärdensprache, leichter Sprache und natürlich spielen auch fremdsprachige Führungen eine größere Rolle als früher. Berlin hat ja auch einen großen Anteil an Menschen, die hier leben, aber englischsprachig sind. Ein tolles Kinderprogramm gibt es außerdem.
ZOL: Frau Meier, wir hatten gerade schon Ihrer Kollegin Frau Miketta die Frage gestellt. Nun nochmal an Sie: Warum braucht Berlin die Lange Nacht?
Meier: Berlin braucht die Lange Nacht, ich denke aus zwei Gründen: Das eine ist die Sicht der Museen und das andere die Sicht der Besucher. Dass endlich mal viele Leute in die Museen gehen, die sie sonst nicht kennen. Nicht nur, weil sie vielleicht nicht interessiert sind, sondern einfach deswegen, weil Berlin wirklich viele hat. Wer kennt schon allein 20 Häuser? Wir haben 150, und die haben alle ein hervorragendes Programm. Es gibt viele zeitgeschichtliche Dauerausstellungen, aber derzeit bestimmt auch 20 spannende Sonderausstellungen. Das heißt, die Lange Nacht ist sozusagen der Anlass, um zu sagen, oh ja, jetzt gehe ich mal. Und viele Berliner und Berlinerinnen merken dann, aha, ich war noch nie im Bodemuseum, oder im Regionalmuseum, was eigentlich vor meiner Nase ist. Es ist einfach ein Anlass.
Und aus Sicht der teilnehmenden Museen oder überhaupt der Stadt Berlin ist es auch schön, dass sie sich tatsächlich mal alle an einem Tag zusammen präsentieren, denn sie sind ja auch in gewisser Konkurrenz zueinander. Jeder macht tolle Ausstellungen und macht spezielle Veranstaltungen für alle möglichen Gruppen, und man kann diese großartige Museumslandschaft, die Berlin hat, und diese Vielfalt nicht besser erleben als in der Langen Nacht der Museen. Man kann von Haus zu Haus gehen und alle sind gemeinsam geöffnet. Ich finde, dass das auch eine sehr schöne Geste ist, dass Berlins Museen, egal wie sie finanziert sind, ob privat oder staatlich, ob es ein kleines Ladenlokal, ein Ein-Mann-, Ein-Frau-Museum, oder ein riesiges staatliches Museum ist. Unkomplizierter Einlass ohne extra Ticket, das ist kulturpolitisch wichtig.
ZOL: Sie sprachen gerade von 150 Museen, eingangs sagten Sie, 80 machen mit. Was sind die Gründe, dass die restlichen 70 Museen nicht mitmachen?
Meier: Es kommt darauf an, was man zählt. Beispielsweise haben wir im Museumsportal 200 Museen, Sammlungen, Gedenkstätten, Schlösser. Es gibt Gründe für manche Häuser, dass es sich nicht lohnt, bei der Langen Nacht mitzumachen, beispielsweise wenn man sehr weit draußen liegt. Natürlich handelt es sich um einen personellen und finanziellen Aufwand. Die staatlichen Museen machen immer mit einem Teil ihrer immerhin 16 Häuser mit. Es gibt insgesamt mehr Anfragen als die 80, aber wir möchten es gern dabei belassen, damit es überhaupt noch überschaubar und zu stemmen ist. 80 Museen müssen mit Plakaten etc. beliefert werden, sie müssen alle ihr Programm abliefern, das muss wiederum redigiert werden, Verträge müssen geschlossen und Programme ausgestaltet werden. Ich denke, 80 ist letzten Endes eine gute Zahl, die wir nicht überschreiten sollten.
ZOL: … und wechselt das auch immer mal wieder?
Meier: Ja, das wechselt. Es gibt einige Häuser, die immer dabei sind, beispielsweise das DHM, die Berlinische Galerie und das Musikinstrumentenmuseum. Aber sonst wechselt es sehr stark, und das macht natürlich auch den Reiz aus. Allein dadurch, dass jedes Jahr neue Orte dazukommen, habe ich auch wieder neue Programmpunkte.
ZOL: Welche Museen sind denn zur Langen Nacht besonders beliebt?
Meier: Sie meinen von der Besucherzahl her? Ja, das sind tatsächlich eher die großen Häuser mit zentraler Lage, da ist es immer voll. Dazu zählen die Häuser rund um die Museumsinsel, das Alte und Neue Museum, das DHM, aber auch das Museum für Naturkunde ist super besucht, weil das natürlich auch für Familien hochattraktiv ist. Letztes Jahr war das erste Mal das Deutsche Spionagemuseum dabei und hatte direkt die meisten Besucher. Hier spielt auch eine Rolle, dass das Spionagemuseum sonst einen hohen Eintrittspreis hat. Ich bin auch im Museumsportal, und als ich neu zur Langen Nacht kam, war es für mich eine spannende Erfahrung, dass nicht alle Museen, die sonst die höchsten Besucherzahlen haben, auch in der Langen Nacht super besucht sind. Bestimmte Sachen gehen gut und andere weniger. Es gehen Bunker, es gehen Sternwarten, aber was zum Beispiel schwierig ist, ist zeitgenössische Kunst. Das Spionagemuseum ist etwas, womit alle etwas anfangen können, überhaupt mit Museen, die interaktiv sind. Man will ein bisschen mehr Museum light. Wo man eben nicht gezwungen ist, eine Stunde durch die Ausstellung zu gehen und alles kognitiv zu verarbeiten, sondern beliebt sind die Museen, in denen man etwas machen kann: Technikmuseum, DDR-Museum. Dort findet immer ein Quiz statt, was ganz unaufwendig zu organisieren ist, aber super gut ankommt.
ZOL: Welche Veranstaltung würden Sie uns denn empfehlen?
Meier: (überlegt lange) Ich würde Ihnen als Kunsthistorikerin natürlich etwas anderes empfehlen. Was in jedem Fall toll ist, ist einmal ins Museum für Kommunikation zu schauen. Dort ist jede Menge Action, dort ist Dr. Motte, dort sind Breakdancer, dort kann man sich zur Vorbereitung für die Party schminken und Tattoos machen lassen. Also, es ist wirklich Museum komplett verwandelt. Ich würde auch die Berlinische Galerie empfehlen, weil sie eine spannende Ausstellung hat (Loredana Nemes), und weil dort ein interessanter zeitgenössischer Tanz auf der x-förmigen Treppe stattfindet. Ich denke auch, dass das Stasi-Museum interessant ist. Zusätzlich zum Stasi-Museum hat in der BStU vor einigen Wochen eine neue Ausstellung eröffnet: Einblick ins Geheime. Dort sieht man, wie die Stasi gearbeitet und Leute verfolgt hat, das ist sehr interessant.
Programm der Lange Nacht der Museen Berlin am 25. August 2018
38. Lange Nacht der Museen: „Das Publikum begegnet sich selbst“
Ein Gespräch mit den Organisator*innen der Langen Nacht der Museen in Berlin über einen musealen Aktionstag als Berliner Erfolgsmodell