20. Jahrhundert übergreifend

„Atlas des Kommunismus“ - Experten des Alltags erzählen Geschichten aus der DDR

* Von René Schlott und Jakob Saß * Februar 2017 Sämtliche Vorstellungen sind ausverkauft. Publikum und Feuilleton zeigen sich begeistert. Im Dokumentartheaterstück "Atlas des Kommunismus" der argentinischen Regisseurin Lola Arias, erzählen fünf Frauen ihre Lebensgeschichten, die sich überwiegend in der DDR abspielten. Drei weitere Darsteller/innen stehen für die nachfolgenden Generationen: „Wende“ und „Einheit“. Zwei Redakteure von Zeitgeschichte-online haben sich das Stück angesehen, einer der beiden (Jakob Saß) wurde kurz vor dem Ende der DDR geboren, der andere (René Schlott) ist Jahrgang 1977.

Über die Notwendigkeit der Selbstreflexion

Eine Anmerkung zum Stand der Behördenforschung * Von Christian Mentel * Januar 2017 Über die Notwendigkeit der Selbstreflexion: Eine Anmerkung zum Stand der Behördenforschung von *Christian Mentel*Es spricht einiges dafür, dass das vergangene Jahr 2016 einmal als ähnlich einschneidend bewertet werden wird wie das Jahr 2005. Vor nunmehr fast zwölf Jahren berief das Auswärtige Amt als erstes Bundesministerium eine Historikerkommission. Sie sollte nicht nur untersuchen, welche Rolle das Haus in der NS-Zeit spielte, sondern auch, wie in der Nachkriegszeit mit dieser Vergangenheit umgegangen wurde. Seitdem haben an die zwanzig weitere Behörden auf Bundesebene mit vielen Millionen Euro ähnliche Forschungs- und Publikationsprojekte finanziert und auch in den Ländern und Kommunen orientiert man sich zunehmend an diesem Aufarbeitungstrend. (...)

Der Ort des Verbrechens – eine Beobachtung

Sergei Loznitsas Dokumentarfilm „Austerlitz“ * Von Elena Demke * Januar 2017 Der Film ist aus Sequenzen mit und ohne Ton, Nahaufnahmen und Totalen sowie dem Wechsel zwischen Innen und Außen komponiert. Die ersten Blicke auf schlendernde Menschen, die an einem gleißend-sonnigen, durch harte Schwarz-Weiß-Aufnahmen begünstigenden Tag mit seltsam großen Geräten zu telefonieren scheinen, werfen die ZuschauerInnen durch Bäume und Büsche, also aus dem Verborgenen. Erst langsam wird deutlich, dass die Leute Audioguides in den Händen halten. Nach und nach nehmen die ZuschauerInnen Kontakt auf mit den BesucherInnen des historischen Ortes, die ihrerseits mit Formen der Kontaktaufnahme befasst sind.

Eine vertane Chance

Beobachtungen zum Fall Holm * Von Hanno Hochmuth * Janaur 2017 Als am 6. Dezember des vergangenen Jahres die Mannschaft des neuen Berliner Senats vorgestellt wurde, überraschte die Linke mit einem Coup. Die neue Senatorin für Bau- und Wohnungswesen Katrin Lompscher (Die Linke) bestimmte den Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm zum Staatssekretär für Wohnen. Der profilierte Gentrifizierungskritiker der Humboldt-Universität sollte die Wohnungspolitik in der wachsenden Hauptstadt in sozial verträglichere Bahnen lenken. Kurz darauf wurde jedoch öffentlich, dass Holm als 18-Jähriger im Herbst 1989 für fünf Monate als hauptamtlicher Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig gewesen war. er Zusammenbruch des SED-Regimes setzte seiner Stasi-Laufbahn, die er bereits im Alter von 14 Jahren mit einer Selbstverpflichtungserklärung eingeschlagen hatte, allerdings ein frühes Ende. Holm hatte aus seiner angestrebten Karriere für die Stasi zwar nie einen Hehl gemacht, jedoch verschwiegen, dass er seit dem September 1989 hauptamtlicher Mitarbeiter der Stasi gewesen war. Dies zumindest belegt seine Personalakte, die wenige Tage nach seiner Vorstellung als designierter Staatssekretär von der B.Z. veröffentlicht wurde. Aus dem geplanten Überraschungskandidaten des neuen rot-rot-grünen Senats wurde eine böse Überraschung....

US-Außenminister John Kerry und der Krieg: Essay über biographische Kontinuität und amerikanische Politik

Teil III: Präsidentschaftskandidat und Chefdiplomat der USA 2002 - 2017 * Von Ariane Leendertz * Januar 2017 Mit dem Amtswechsel von Barack Obama zu Donald Trump endete im Januar 2017 auch John Kerrys vierjähriges Wirken als US-Außenminister. In den kommenden Jahren plant er, ein Buch zu schreiben und weiterhin politisch aktiv zu bleiben. Er werde die durch das Amt erzwungene Zurückhaltung aufgeben und sich in die politische Debatte in den USA einmischen, nachdem er sogar kurzzeitig erwogen hatte, noch selbst in das Rennen um die Präsidentschaft einzusteigen.

„Wer hier weint, hört nicht mehr auf“

Zum Umgang mit der Wannsee-Konferenz und ihrem historischen Ort * Von Gerd Kühling und Hans-Christian Jasch * Januar 2017 In einer repräsentativen Villa, idyllisch gelegen am Berliner Wannsee, kamen am 20. Januar 1942 fünfzehn hochrangige Vertreter der SS, der NSDAP und mehrerer Reichsministerien zu einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück“ zusammen. Der einzige Tagesordnungspunkt war die „Endlösung der Judenfrage“. Es war ein koordinierendes Treffen, denn der Massenmord an den Juden in Osteuropa hatte längst begonnen.

Americans are not wiser than the Europeans

20 lessons from the 20th century * Von Timothy Snyder * Januar 2017 US-Bürger seien nicht schlauer als Europäer damals, schreibt der US-Geschichtsprofessor und preisgekrönte Buchautor Timothy Snyder in einem Facebookpost, denn das Tor zum Faschismus wurde von der Demokratie geöffnet. Doch ein Vorteil sei, dass man daraus lernen könne, um die Demokratie zu verteidigen. Snyder gibt "twenty lessons from the twentieth century".

Tabubruch und phänomenologische Ähnlichkeiten

Zur Vergleichbarkeit der Fluchthilfe für DDR-Flüchtlinge nach dem Mauerbau und der Schleusertätigkeit für Flüchtende heute * Von Marion Detjen * Januar 2017 Vor zwei Jahren beging das Zentrum für Politische Schönheit anlässlich der 25-Jahr-Feier des Mauerfalls einen Tabubruch: Um die deutsche Öffentlichkeit, die damals der „Flüchtlingskrise“ noch nicht die Beachtung schenkte, die ihr seit dem Sommer letzten Jahres zuteilwurde, auf das Sterben an der Festung Europa aufmerksam zu machen, wurden in einer Nacht- und Nebelaktion Gedenkkreuze von Opfern des DDR-Mauerregimes in der Nähe des Deutschen Bundestages abmontiert und an die Außengrenze Spaniens gebracht...

Der Anti-Knopp

Martin Gressmanns Dokumentarfilm „Das Gelände“ * Von Hanno Hochmuth * November 2016 „Meine Großmutter erzählte mir einmal, dass es in der Nazizeit in Berlin eine bestimmte Straße gegeben hätte, durch die man einfach nicht durchging, die man nicht betrat.“ Wie ein dunkles Märchen beginnt der Film, den Martin Gressmann über das Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße in Berlin gedreht hat. Hier befand sich seit 1933 die Zentrale der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. In den Hauptquartieren der Gestapo, der SS und des SD, die 1939 zum Reichssicherheitshauptamt zusammengefasst wurden, wurden tausende Menschen verhört und gefoltert; hier wurde der Massenmord an den europäischen Juden organisiert. Nach 1945 fiel der stark kriegsbeschädigte Ort dem Vergessen anheim.