„Erst die Geschichte mag solche Helden“
Anmerkungen zur Selbstverbrennung von Piotr Szczęsny in Polen * Von Sabine Stach * Januar 2018 Am 19. Oktober 2017 hat sich Piotr Szczęsny, ein 54-jähriger Chemiker aus der Nähe von Krakau, vor dem Kulturpalast in Warschau selbst angezündet. Auf diese Weise demonstrierte er gegen die schrittweise Aushöhlung der Demokratie in seinem Land. In Deutschland wurde das Ereignis kaum wahrgenommen. Und auch in Polen scheiden sich die Geister daran, ob seine Tat eine angemessene Reaktion erfahren hat. Auf der Suche nach Gründen dafür erscheint nicht zuletzt eine historische Perspektive aufschlussreich, denn die Selbstverbrennung als Akt politischen Widerspruchs hat eine spezifische Tradition in Ostmitteleuropa.
Ein „Polen-Denkmal“ in Berlins Mitte?
Ein Denkmal in der Mitte Berlins „nur für Polen“, schrieb Stephan Lehnstaedt am 7. Dezember 2017 in der taz, sei ein falsches Signal. Darum gehe es nicht, entgegnete ihm Katrin Steffen.
Shopping im Kommunismus
Das polnische Instytut Pamięci Narodowej, Institut für Nationales Gedenken, gegründet im Jahr 1998, ist eine Institution, deren Aufgabenspektrum sich von der juristischen Aufarbeitung nationalsozialistischer und kommunistischer Verbrechen über historische Forschung bis zu Geschichtsvermittlung erstreckt. Mit Sicherheit ist es die am besten finanzierte Institution im Bereich der Geschichtsvermittlung oder – wie KritikerInnen sagen – der patriotisch-affirmativen Erziehung.
Solidarność (1991)
Mit Solidarność veröffentlichte das amerikanische Spieleunternehmen California Dreams 1991, unmittelbar nach der politischen Wende, im „Ostblock“ ein englischsprachiges Computerspiel aus dem Genre der Politsimulationen. Das polnische Tochterunternehmen P.Z.Karen Co. Development Group war für die Entwicklung dieses rundenbasierten Spiels zuständig. Mit dem Spiel sollte die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarność im Westen bekannt gemacht werden.
Streit um das Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdańsk
Wie soll man „polnische Geschichte“ zeigen? * Von Daniel Logemann * April 2017 Daniel Logemann über den Konflikt um das Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdańsk, bei dem es um die grundsätzliche Frage geht, ob Geschichte deutungsoffen gelehrt und präsentiert werden darf oder als nationale Meistererzählung vermittelt wird.
Lokales Holocaust-Museum oder nationalistische Geschichtsfälschung?
Das Museum für die Familie Ulma im südostpolnischen Markowa * Von Florian Peters * März 2017 Florian Peters erörtert Chancen und Problematiken des Ulma-Museums vor dem Hintergrund der nationalkonservativen polnischen Geschichtskultur
Politisches Bewusstsein und politische Gemeinschaft in Polen
Ein Interview mit dem polnischen Philosophen Andrzej Leder * Von Magdalena Saryusz-Wolska, Katrin Stoll und Andrzej Leder * August 2016 Der polnische Philosoph Andrzej Leder im Gespräch mit Magdalena Saryusz-Wolska und Katrin Stoll über Identität, gesellschaftliche Verantwortung und die Folgen einer Hegemonie des Populismus .
Die Republik der Gerechten
Filme über Polen, die Juden retteten * Von Christian Prüfer und Piotr Forecki * Juli 2016 Oberflächlich betrachtet, hat das Thema der polnischen „Gerechten“, also jener Polen, die während des Holocaust Juden (zugleich polnische Staatsbürger) gerettet haben, nach den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2015 an Bedeutung gewonnen. Im Grunde jedoch hat sich mit dem Wahlsieg der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) nicht viel geändert. Die PiS ist eine populistische, national-katholische Gruppierung, die vorgibt, um den guten Ruf der Nation besorgt zu sein und nur ungern die dunklen Seiten der polnisch-jüdischen Geschichte anspricht.
Verordnete Geschichte? Zur Dominanz nationalistischer Narrative in Polen
Eine Einführung * Von Katrin Stoll, Sabine Stach und Magdalena Saryusz-Wolska * Juli 2016 Am 17. November 2015, drei Monate nach seiner Vereidigung als neuer Staatspräsident von Polen, lud Andrzej Duda ausgewählte Historiker, Publizisten, Museumsleiter und Politiker in seinen Wohnsitz, den Warschauer Belvedere-Palast, ein. Das Treffen war als programmatischer Auftakt für die Erarbeitung einer neuen geschichtspolitischen Strategie für Polen konzipiert. In seiner Eröffnungsrede ließ Duda keinen Zweifel daran, welch hohe Priorität der „richtige“ Umgang mit der Vergangenheit für Polen – und damit für sein eigenes Amtsverständnis – habe: „Geschichtspolitik zu betreiben, ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des Präsidenten. Der Präsident ist der höchste Vertreter der Republik Polen. Es gibt eine große Erwartung ihm gegenüber, und ich möchte dieser gerecht werden.“
Verordnete Geschichte?
Zur Dominanz nationalistischer Narrative in Polen * Von Magdalena Saryusz-Wolska, Sabine Stach und Katrin Stoll * Juli 2016 In unserem Themenschwerpunkt untersuchen wir die neuesten geschichtspolitischen Praktiken und erklären ihren Erfolg aus der Kontinuität nationalistischer Narrative im öffentlichen Diskurs. Wir vertreten die These, dass das Propagieren eines einseitig positiven, triumphalen, nationalistischen Bildes der Vergangenheit keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal der neuen rechtskonservativen PiS-Regierung ist. Vielmehr greifen die Akteure auf altbekannte Motive der polnischen Geschichtskultur zurück – sowohl auf jene, die sie selbst in ihrer ersten Amtszeit von 2005 bis 2007 verwendeten, als auch auf solche, die viel tiefer in der polnischen Gesellschaft und Kultur verankert sind. Wie Geschichtspolitik in mehreren nationalistischen Gewändern daherkommt, wird anhand verschiedener Fallstudien gezeigt.