Vergangenheitspolitik

Alle Beiträge zum Schlagwort

Andreas Kötzing

Für die Umwelt, gegen den Staat

Eventfilm ohne Kontext: "Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution" in der ARD

Leipzig, Frühjahr 1988. Die junge Franka verliebt sich in den Krankenpfleger Stefan, der Kontakt zu einer oppositionelle Umweltgruppe hat. Im Schutz der Kirche organisiert er zusammen mit ein paar Freund*innen Friedensgebete, um auf die Luftverschmutzung und andere gravierenden Umweltprobleme in der Stadt aufmerksam zu machen. Franka kommt aus einem linientreuen Elternhaus, Kritik am Staat ist zu Hause nicht erwünscht.

Yves Müller

Preußen und das Kaiserreich im Gedächtnis

Zur Erinnerungs- und Rezeptionsgeschichte der Hohenzollernmonarchie

Die Auslagen der Buchhandlungen zeugen davon: es ist Kaiserreich-Jahr. Umstritten war das Erbe der deutschen Monarchie stets – und so scheiden sich auch dieser Tage die Geister. Wieviel Preußen, wieviel Bismarck, wieviel „Sonderweg“ steckte in diesem Deutschland? Aber auch: Wieviel Innovation und transnationaler Austausch, wieviel Teilhabe und Fortschritt? Während Eckart Conze die Schatten des Kaiserreichs beleuchtet und Christoph Jahr betont, Wie Preußen Deutschland erzwang (so der Untertitel seines Buches), fokussiert Jens Jäger Das vernetzte Kaiserreich.

Yves Müller

„...immerhin hat dieser Nationalstaat die tiefsten Brüche und 150 Jahre überlebt.“

Ein Interview mit dem Historiker Jürgen Kocka über das „weite Feld“ des deutschen Kaiserreichs und Preußens

Er ist einer der bedeutendsten Sozialhistoriker in Deutschland. Jürgen Kocka (Jg. 1941) beeinflusste die Geschichtswissenschaft seit den 1970er-Jahren maßgeblich und gilt zusammen mit Hans-Ulrich Wehler (1931-2014) als Begründer der „Bielefelder Schule“, die für eine Historische Sozialwissenschaft eintrat. Mit gerade 32 Jahren war Kocka 1973 an die nur wenige Jahre zuvor gegründete (Reform-)Universität Bielefeld berufen worden.

Sylvia Necker

Kunst am Bau oder architekturbezogene Kunst? Wie auch immer, jedenfalls ein übersehenes Phänomen

Eine Blog-Rezension

Eigentlich sind sie nicht zu übersehen, die Wandbilder, Wandmosaike, Skulpturen und Reliefs, egal ob wir den Stadtraum im Osten oder im Westen der Republik durchwandern. Und doch übersehen die meisten Stadtspaziergänger*innen in der Eile diese Kunstwerke, die kennzeichnend sind für die architektonischen Nachkriegsmodernen in der Bundesrepublik und der DDR, ja in ganz Europa.

Sabine Stach, Greta Hartmann

Friedliche Revolution 2.0?

Zur performativen Aneignung von 1989 durch „Querdenken“ am 7. November 2020 in Leipzig

9. Oktober 1989. Als die Besucher*innen des Friedensgebets aus der Leipziger Nikolaikirche strömen, treffen sie auf zehntausende Demonstrant*innen, die bereit sind, ein Zeichen gegen die DDR-Regierung zu setzen. Die Stimmung ist angespannt. Seit Tagen gehen Gerüchte um, dass sich Polizei wie Krankenhäuser auf das Schlimmste vorbereiten. Über den Stadtfunk ertönt der als „Aufruf der Sechs“ berühmt gewordene Appell für Gewaltfreiheit.

Christian Mentel

Fragen über Fragen

Antisemitismusforschung als politisches Projekt

Berlin, 7. April 2020. Die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung Felix Klein treten vor die Presse und verkünden ein groß angelegtes Forschungsprogramm: „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“.

Yves Müller

Kein „Volksbau“

Weder Schloss noch Nachbau waren dem Volk – wie auch immer es definiert sein mag – gewidmet (Reprint)

Die Diskussionen um das Berliner Schloss reißen nicht ab: Es sei unauthentisch, protzig, verherrliche die wilhelminische Monarchie und den Militarismus. Initiativen fordern Wiedergutmachung der kolonialen Verbrechen des Kaiserreichs und die Rückgabe geraubter Kulturgüter. Zuletzt warb die Historikerin Hedwig Richter in die tageszeitung um mehr Gelassenheit mit dem umstrittenen Bau (Auf zum Schloss!, taz vom 15.8.2020). Doch ist Gelassenheit angebracht?

Florian Peters

Streitgeschichte, die nicht vergeht

40 Jahre Solidarność

Als die Arbeiter:innen der Danziger Leninwerft am 14. August 1980 als Reaktion auf eine Erhöhung der Fleischpreise ihre Arbeit niederlegten, sah es zunächst danach aus, dass ihr Ausstand ebenso rasch vorbei sein würde wie die Streiks in vielen anderen polnischen Betrieben, deren Belegschaften in den Wochen zuvor gegen die schlechte Wirtschafts- und Versorgungslage protestiert hatten. Die Forderungen der Werftarbeiter:innen wurden von den lokalen Autoritäten nach drei Streiktagen erfüllt, und die Arbeiter:innen waren bereits dabei, das besetzte Werftgelände zu verlassen.

Alexandra Klei, Katrin Stoll, Annika Wienert

Der 8. Mai, ein staatlicher Feiertag?

Kritische Anmerkungen zum Begriff der Befreiung im Kontext der deutschen Gedenkkultur

Esther Bejarano forderte am 26. Januar 2020 in einem offenen Brief an „die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“, dass der 8.

Sophie Genske, Rebecca Wegmann

Bilder der Befreiung

Perspektiven auf den 8. Mai und 75 Jahre Erinnerungskultur

Am 7. Mai 1945 unterzeichneten Vertreter des Führungstabs der Wehrmacht im amerikanischen Hauptquartier in Reims die bedingungslose Kapitulation, die einen Tag später, am 8. Mai, in Kraft trat. Damit endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Im Jahr 2020 erinnern Generationen an einen Krieg, den sie nie erlebt haben; in einer globalisierten und digitalisierten Welt und in einem Deutschland, das fünfundsiebzig Jahre lang – mal mehr und mal weniger – über den Umgang mit dem 8. Mai, dem „Tag der Befreiung“, diskutiert hat.