Mit „Anderson“ betrachtet die Regisseurin Annekatrin Hendel eine schillernde Persönlichkeit der DDR-Künstlerszene des Prenzlauer Bergs
Seit einigen Jahren versuchen Dokumentarfilme, die das Ministerium für Staatssicherheit und insbesondere Inoffizielle Mitarbeiter (IM) thematisieren, sich verstärkt den Zuträgern der Geheimpolizei zuzuwenden. Sie wollen die Charaktere in vielen Facetten abbilden, deren Wahrnehmungen hinterfragen und dabei zu neuen und weniger einseitigen Darstellungen gelangen, als es noch in den frühen 1990er Jahren der Fall war.
Von der Lust mit dem System zu spielen
Der Thriller „Who Am I – Kein System ist sicher“ und seine Charakterisierung der Hackerszene
Deutschen Filmen wird gerne vorgeworfen, sie seien kompliziert. Dieser Vorwurf kann Baran bo Odars neuem Film „Who Am I – Kein System ist sicher“ nicht gemacht werden. Im Fokus des Thrillers steht eine Gruppe von jungen Erwachsenen, denen es beim Hacken vor allem um Spaß und Anerkennung geht. Der Plot reproduziert dabei gängige Hackerklischees einer eigentlich viel heterogeneren Szene. Trotz eines manchmal schwachen Handlungsstrangs funktioniert der Film als Thriller: Es gibt spannende Szenen, eine überaus gelungene Bildsprache und schließlich sehr unterhaltsame Momente.
Abschied von der DDR
Ein tschechischer Blick auf die Botschaftsflüchtlinge im Palais Lobkowicz
Die Kamera schwenkt vom Laurenziberg aus in der Horizontale über die Prager Kleine Seite, untermalt von Antonio Vivaldis »Frühling« aus den »Vier Jahreszeiten«. Man erkennt die Prager Burg, und in das Blickfeld rückt die Gartenfront des barocken Palais Lobkowicz mit seinem markanten, auf Säulen gestützten südseitigen Balkon.
Das Ende der Ostpolitik
Zur Kritik eines deutschen Sonderweges
Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die Ära der Ostpolitik beendet. Ihr Scheitern ist offensichtlich und dramatisch: Von der Besetzung der Krim, über den von Moskau angestifteten wilden Krieg im Donbass, bis zum Einmarsch regulärer russischer Einheiten reicht die Kette strategischer Triumphe Moskaus, die zugleich Niederlagen der Ukraine, aber auch des Westens und insbesondere Berlins sind. Denn keine andere westliche Regierung pflegt so enge Beziehungen mit Moskau.
Viele Verhandlungen, kein Staat
Palästina 20 Jahre nach Abschluss des Gaza-Jericho-Abkommens
Ich erinnere mich gut an meinen Besuch in den Palästinensischen Gebieten im Sommer 1994, an die friedliche Stimmung in Jericho – und an meine eigene vorsichtige Hoffnung. Siebenundzwanzig Jahre nachdem Israel die palästinensische Westbank, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem besetzt hatte, schien erstmals eine Lösung des Konfliktes in Sicht; ein Ende der israelischen Militärbesatzung und ein palästinensischer Staat an der Seite Israels schienen für eine kurze Zeit zum Greifen nah.
Keine Antworten und keine Distanz
Die Selbstauflösung der RAF am Ende der 1990er Jahre
Selbstauflösungen sind Zukunftsversprechen. Versprochen wird, dass Gruppen und ihre jeweiligen politischen Mittel, vor allem aber physische Gewalt, keine Rolle mehr spielen werden. Das Versprechen setzt die Kohäsion jener Gruppe voraus, die hinter der Ankündigung steht. Sobald jedoch Minderheiten in der Gruppe nicht mit der Selbstauflösung einverstanden sind, sich nicht der Mehrheitsmeinung unterwerfen und ihre Aktionen fortsetzen, ist die Ankündigung das Papier nicht wert, auf dem sie steht.
Ruanda - zwanzig Jahre nach dem Völkermord
Am 6. April 2014 jährt sich zum zwanzigsten Mal der Beginn des Völkermords in Ruanda. 800.000 Menschen, die allermeisten von ihnen Tutsi, waren in den Monaten April bis Juli 1994 umgebracht worden. Täter waren Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Hutu, zu der mit großem Abstand die meisten Bewohner Ruandas zählten.
Die Ästhetisierung der Vergangenheit: Ron Howards Formel 1-Film Rush
Die filmische Inszenierung der Rennfahrerlegende verrät einiges über gegenwärtige Vorstellungen von Männlichkeit und ErfolgAlltagswogen einer Nachkriegsgesellschaft
„Djeca – Children of Sarajevo“ von Aida Begić
Der Hausflur eines Mehrfamilienhauses, ein Reigen singender Kinder, vielleicht ein Geburtstag, Alltag. Doch leidvoll deplatziert. Gewehrsalven schlagen den Rhythmus zum Kinderlachen. Der Takt einer Stadt. Der Pulsschlag Sarajevos. Krieg.
Der Blick über die Schultern Rahimas. Lange Gänge eines Restaurants in den frühen Morgenstunden. Wieder Alltag. Mitten in der Nacht. Arbeitskollegen zetern und auch hier ein merkwürdiger Schrittmacher. Schüsse? Böller. Nur das nahende Silvestertosen.
Eine kollektive Biographie des Verlustes
Aus Anlass der Verleihung des Literaturnobelpreises an Swetlana Alexijewitsch am 8. Oktober 2015
Die belarussische Autorin Swetlana Alexijewitsch erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (erstmals veröffentlicht im Okotber 2013)