Film

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Nikolai Okunew

„Das Deutsche Kettensägenmassaker“

Als Christoph Schlingensief 1990 mit dem Schinken nach der Wurst warf

„Sie kamen als Freunde und wurden zu Wurst“ lautet der lakonische Werbespruch für Schlingensiefs Schocker von 1990. „Das Deutsche Kettensägenmassaker hat dann auch einen recht knappen Plot: Die Leipzigerin Clara fällt im Wiedervereinigungstaumel einer Gruppe westdeutscher Kannibalen in die axtschwingenden Hände, die offensichtlich schon seit dem Mauerfall nach Zonis greifen (oder hacken). „Jetzt beginnt der Markt“ lässt Schlingensief einen der Halsabschneider sagen.

Andreas Etges

A Problem from Hell

Wie US-Außenpolitik immer wieder angesichts von Völkermord versagt hat

Wann immer irgendwo auf der Welt ein Krieg ausbricht oder eine humanitäre Katastrophe geschieht, richtet sich der Blick vor allem auf die Vereinigten Staaten, denen die Rolle als eine Art Weltpolizist und oberster Krisenlöser zugewiesen wird. Wer könnte sonst eine solche Aufgabe übernehmen: China? Russland? Oder etwa Europa? Dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger wird die Frage zugeschrieben: „Who do I call if I want to call Europe?“ Diese Frage lässt sich immer noch nicht beantworten, anders als im Fall der USA, wo es die Nummer im Oval Office des Präsidenten wäre.

Annette Schuhmann

Fragen an die Gegenwart - Zeitgeschichte im Kurzfilm

"Formen des Wir" war das Motto der diesjährigen Shorts-Sektion der 74. Berlinale

Eine junge Frau und ein kleines Mädchen treffen in ihrer jeweils eigenen Verzweiflung aufeinander und gehen ein Stück des Weges zusammen. Im Verlauf dieser Begegnung entstehen sämtliche Etappen der Liebe – oder weniger pathetisch das „Wir“.

René Schlott

Züge in das Leben: one life

Eine Rettungsaktion jüdischer Kinder wird verfilmt

Auf der Südseite des Berliner Bahnhofs Friedrichstraße steht ein Denkmal an dem die meisten Passanten achtlos vorübergehen. Es trägt den Titel „Züge in das Leben – Züge in den Tod“ und es zeigt auf der einen Seite stürmische Kinder mit Koffern in der Hand, auf der anderen Seite Mädchen und Jungen mit gesenktem Blick.

Tobias Rischk

„Die Königin von Auschwitz“

Die Darstellung Hedwig Höß‘ im Film „The Zone of Interest“

„Rudi nennt mich die Königin von Auschwitz“ – diesem Satz, geäußert von Hedwig Höß (Sandra Hüller) gegenüber ihrer Mutter (Imogen Kogge), folgt ein fröhliches Lachen. Es ist historisch fraglich, ob Rudolf Höß (Christian Friedel), der Lagerkommandant des KZ Auschwitz, diese schmeichelnde Bezeichnung für seine Frau verwendete. Nichtsdestotrotz ist sie dramaturgisch zentral für die Darstellung der Hedwig Höß in dem Film.

Michael Wildt

„Das ist unser Lebensraum“

Alltag neben dem Unvorstellbaren (Zone of Interest)

Dieser Film ist eine Zumutung. Er beginnt mit völliger Finsternis und dröhnenden, unheimlichen Klängen, die tief gleichsam aus dem Höllenschlund kommen – nahezu drei Minuten lang, bis die Klänge leiser werden und Vogelgezwitscher zu hören ist. Es wird hell und eine Badegesellschaft am Ufer eines Flusses ist zu sehen. Männer in schwarzer Badehose, die Frauen kümmern sich um die Kinder, von den Gesprächen sind nur wenige Worte zu verstehen.

Nico Städter

The Zone of Interest

Rezensionen, Interviews und Podcasts zum Film von Jonathan Glazer

Der Film "The Zone of Interest" von Jonathan Glazer läuft seit Februar 2024 nun auch in den deutschen Kinos. Durch die Annahme der Täterperspektive und die Darstellung einer Familienidylle neben dem Konzentrationslager Auschwitz wirkt der Film polarisierend und erschafft durch seine ungewöhnlichen Soundeffekte eine düstere Atmosphäre.
Am 11. März 2024 gewann der Film die Oscar Auszeichnungen für den besten internationalen Film und den besten Ton.

 

(Stand: 12. März 2024)

 

Julius Redzinski

Dahomey: Wenn Fiktion zu Dokumentation wird

Mati Dops Dokumentation über die Restitution afrikanischer Kulturgüter gewinnt den Goldenen Bären der 74. Berlinale

Seitdem der französische Präsident Emanuel Macron Ende 2017 in einer Rede vor  Studierenden in Ouagadougou, Burkina Faso ankündigte, dass "[…] innerhalb von fünf Jahren die Bedingungen hergestellt sind für endgültige oder vorübergehende Restitutionen des afrikanischen Kulturgutes aus französischen Museen an Afrika […]" ist eine enorme Dynamik in die Diskussion über und den Umgang mit kolonialer Raubkunst gekommen.

Rebecca Wegmann

Humor als Widerstand?

Sibylle Schönemanns „Diese Tage in Terezín“ porträtiert das Vermächtnis des Kabarettisten Karel Švenk

Einige Jahre nach dem Mauerfall fahren eine Deutsche, eine Russin und eine Israelin gemeinsam in die ehemalige Garnisonsstadt Terezín in Tschechien. Am Ende der 1990er-Jahre bringt die Faszination für einen Mann die drei Frauen zusammen: Ihr Interesse gilt dem tschechischen Kabarettisten Karel Švenk. Von 1941 bis 1944 war Švenk im von den Nationalsozialisten „Theresienstadt“ genannten Konzentrationslager interniert. Dorthin fahren die Frauen mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Befreiung des Konzentrationslagers.

Annette Schuhmann

Wann ist ein Krieg zu Ende?

Über die Hölle des Nachkrieges: „Afterwar“ in der Sektion Panorama der 74. Berlinale

Als vor zwei Jahren russische Bomben auf ukrainische Städte und Dörfer fielen, die ersten Bilder von Geflüchteten, um ihr Leben rennende und getötete Ukrainer*innen die mediale Bilderwelt fluteten, als zerfetztes Kinderspielzeug und Gräber auf Spielplätzen in großer Zahl zu sehen waren.