Festival ohne Fest
Die 71. Berlinale fand als industry event digital statt
Eine digitale Berlinale ist besser als keine Berlinale. Aber wenn man die 71. Ausgabe des Berliner Filmfestivals gedanklich noch einmal Revue passieren lässt, bleibt – trotz vieler sehenswerter Filme – ein fader Beigeschmack. Dabei geht es nicht nur um die Festivalstimmung, die in diesem Jahr zwangsläufig fehlte. Vor allem das halbherzige Online-Konzept der Berlinale hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl.
Ohne Publikum
Ein „drückendes Gefühl“ oder das „Insistieren der Vergangenheit“
Der Film „Zustand und Gelände“ fordert die Zuschauer*innen mit überwältigender Langatmigkeit heraus
Der Film „Zustand und Gelände“ von Ute Adamczewski fordert viel Geduld von Seiten der Zuschauer*innen. Auffällig ist zunächst die extreme Langsamkeit mit der, in 118 Minuten, die Geschichte der frühen Konzentrationslager von 1933, sowie ihr Nachleben von 1945 bis heute thematisiert wird. Gezeigt werden dazu aktuelle Filmaufnahmen von Dörfern und Städten, Gebäuden und Räumen sowie Straßen und Wäldern.
Große Geschichten, kleine Leute
Zum Werk des tschechischen Regisseurs Jiří Menzel
Auf dem Schrottplatz der Geschichte arbeitet und philosophiert eine illustre Gesellschaft: Ein ehemaliger Staatsanwalt, ein abgesetzter Bibliotheksdirektor, ein Professor und der „Milchmann“ als Vertreter der von den seit 1948 allein regierenden Kommunisten entmachteten Unternehmerklasse. Die zentralen Figuren von Jiří Menzels Film „Lerchen am Faden“ (Skřivánci na niti, 1969) sind aber der junge Arbeiter Pavel und Jitka aus der Strafbrigade der Frauen, zwischen denen sich eine zarte Liebe entwickelt.
Golda Maria, eine Holocaust-Überlebende erzählt
Lebensgeschichte einer französisch-jüdischen Familie
Eine ältere Dame mit weißem Haar, gekleidet in ein azurblaues Kleid, sitzt auf einem Sofa in einer Pariser Altbauwohnung, der Kamera, die nur wenige Meter vor ihr steht, zugewandt. Von der rechten Seite scheint durch die großen Fenster die hellorangene Herbstsonne in das Wohnzimmer des Altbaus der französischen Hauptstadt.
Schriftliche Quellen und der audiovisuelle Zugang zu ihnen
Javier Fernández Vázquez' „Anunciaron Tormenta“ und Radu Judes „Tipografic Majuskul“
Schriftliche Unterlagen wie administrative Briefwechsel, Protokolle und andere Dokumente amtlicher Vorgänge sind eine der klassischen Grundlagen der Geschichtsschreibung. Sie sind Spuren vergangener Handlungen, die als Schriftstück in Archiven gesammelt und überliefert werden. In einem institutionalisierten und formalisierten Transformationsprozess werden aus Ereignissen, die an einen flüchtigen Zeitpunkt und handelnde Subjekte gebunden sind, speicherbare Objekte, die Zeit unverändert überdauern.
„War Cannot Be Played“
Der Kurzfilm „How to Disappear“ und die Überschreitung digitaler Grenzen
„Spiele sind keine Filme!“[1] Hinter dieser Aussage eines Vertreters der Obersten Landesjugendbehörden aus dem Jahr 2014 steckt großes Unbehagen. Unbehagen gegenüber der Gleichsetzung digitaler Spiele mit Filmen. Bis heute herrscht große Skepsis gegenüber dem interaktiven Medium des Videospiels. Immer wieder ist in diesem Zusammenhang die Rede von Gewaltverherrlichung, einem hohen Suchtpotential und dem leichtfertigen Umgang mit der NS-Vergangenheit.
„Es ist ein Film, nicht die Wahrheit“
Albert Speers Arbeit am Mythos
Im Winter 1971 kommt Andrew Birkin nach Heidelberg. Der britische Drehbuchautor will mit Albert Speer sprechen. Die Produktionsfirma Paramount Pictures plant eine Verfilmung der 1969 erschienenen „Erinnerungen“ des Architekten und ehemaligen NS-Rüstungsministers. Birkin und Speer sollen gemeinsam am Skript arbeiten.
When the foundation pit is just a pit
On Andrey Gryazev’s filmic look at the pitfalls of contemporary Russia
Symbolically and physically, the fact of the foundation pit haunts Platonov's eponymous 1930s Russian-language novel. Set in a spatial abstraction of Stalin's Soviet Union, the novel questions the future of the socialist utopia, setting the project of building the future against its cost. Platonov depicts the lives rendered meaningless in the process, at times to the point of brutal sacrifice. Humans are reduced to work and instrumentalised for a future out of sight. The builders do not move past the hole they are digging, which is meant to support a housing complex.
„Wenn du mich verlässt, dann muss ich dich töten. Das weißt du doch.“
Auf einen Kaffee hat sich Johannes mit Undine verabredet, die noch nicht weiß, dass sie seine Exfreundin ist. Statt in Tränen auszubrechen und die unsinnige Warum-Frage zu stellen, erklärt Undine ihm ruhig: „Wenn du mich verlässt, muss ich dich töten. Das weißt du doch.“ Als wäre dies ein Naturgesetz und keine Morddrohung. In dem Mythos der Wasserfrauen ist der Tod des untreuen Mannes ein Naturgesetz. Wobei auch die Untreue der Männer im Mythos ein solches Naturgesetz ist.
„Preußen war mehr als Männer auf Pferden“
Ein Gespräch mit Sylvia Necker, Leiterin des LWL-Preußenmuseums, über ihre ersten Erfahrungen im Amt
Sylvia Necker ist Historikerin, Radiomacherin und Klangkünstlerin. Seit 2019 leitet sie das LWL-Preußenmuseum Minden und das LWL-Besucherzentrum im Kaiser-Wilhelm-Denkmal.